Ein kleiner Zug vom Joint, ein Glas zu viel, ein kurzer Kick – und schon sind alle Sorgen vergessen und der Alltag rückt in weite Ferne. Sucht beginnt oft wie ein Befreiungsschlag. Sie tarnt sich als Entspannung, Abenteuer oder Belohnung. Doch der Weg vom gelegentlichen Konsum zur Abhängigkeit ist kürzer, als wir denken – und oft stecken wir in der Spirale aus Sucht und Kontrollverlust, ehe wir es merken.
Klassische Drogen: Ein Blick auf Europa
Wenn wir das Wort Sucht hören, denken wir meist an Substanzen wie Cannabis, Kokain oder Heroin. Ein Blick auf die aktuellen Zahlen des Europäischen Drogenberichts 2025, bestätigt, dass die Verfügbarkeit und der Konsum von Drogen in unserer Gesellschaft immer weiter zu nimmt¹. Cannabis ist nach wie vor die mit Abstand am häufigsten konsumierte Droge in Europa. Über 22 Millionen Menschen gaben an, im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert zu haben. Rund 3,7 Millionen Menschen sogar täglich². Auch Kokain ist auf dem Vormarsch: Etwa 4,6 Millionen Menschen – vor allem junge Erwachsene – verfallen dieser Droge immer mehr³.
In Deutschland lässt sich dieser Trend ebenfalls beobachten: Rund 1,3 Millionen Menschen weisen laut Erhebungen des Bundesgesundheitsministeriums einen problematischen Konsum illegaler Drogen auf⁴. Cannabis macht dabei den größten Anteil aus – auch nach der Teillegalisierung. Doch Drogenabhängigkeit beschränkt sich nicht nur auf illegale Substanzen. Mindestens genauso gefährlich sind die Süchte, die sich in unseren Alltag eingeschlichen haben.
Sucht im Alltag: Die unterschätzte Gefahr
Sucht hat viele Gesichter – und nicht alle erkennt man auf den ersten Blick. Während über illegale Drogen offen diskutiert wird, bleiben alltägliche Abhängigkeiten oft unbemerkt. Sie verstecken sich hinter Normalität und Routine, wirken harmlos – und genau das macht sie so tückisch.
Alkoholsucht
Alkohol etwa gehört für viele zum Leben dazu – als Belohnung nach einem stressigen Tag, zur Entspannung am Wochenende oder als Ritual bei sozialen Ereignissen. Doch aus Gewohnheit kann schnell Sucht werden. 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig⁵. Erste Warnzeichen wie Stimmungsschwankungen, Leistungsabfall oder sozialer Rückzug⁶ werden oft übersehen. Die Folgen sind gravierend: gesundheitlich durch Erkrankungen wie Leber- ‚Herz- und Hirnschäden, psychische Instabilität, sozial durch Konflikte und Isolation⁷ – und auch die wirtschaftlichen Kosten mit jährlich etwa 57 Milliarden Euro⁸ sind enorm. Trotzdem verschwindet Alkohol oft hinter der gesellschaftlichen Normalität.
Nikotinsucht
Ebenso fest verankert ist das Rauchen. Insgesamt 11,6 Millionen Menschen in Deutschland sind Raucher⁹. Der Zug an der Zigarette geschieht zur Beruhigung, als kurze Pause zwischendurch, zur Konzentration oder sogar aus Langeweile. Die körperliche Abhängigkeit ist stark, der Entzug oft schwer. Atemnot, Lungenerkrankungen, Herz-Kreislauf-Probleme und ein erhöhtes Krebsrisiko¹⁰ entwickeln sich über die Zeit schleichend und belasten langfristig Gesundheit und Lebensqualität.
Digitale Abhängigkeit
Doch Sucht zeigt sich nicht nur in Genussmitteln, sondern zunehmend auch in unserem digitalen Verhalten. Endloses Scrollen auf dem Smartphone, ständige Erreichbarkeit über Messenger-Dienste oder die nächste Runde am Gaming-Controller. Viele Jugendliche (aber auch Erwachsene) können kaum noch ohne digitale Medien oder soziale Netzwerke. Nach der Drogenaffinitätsstudie 2023 kann bei 8,4 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen und bei 5,5 Prozent der 18- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen von einer computer- oder internetbezogenen Störung ausgegangen werden¹¹. Die Grenze zwischen Nutzung und Sucht verläuft fließend: Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, soziale Isolation und emotionale Erschöpfung sind nur einige der Folgen, wenn der Bildschirm zum Lebensmittelpunkt wird.
GLücksspielsucht
Auch Glücksspiel beginnt oft harmlos – ein paar Klicks auf der Wettplattform hier, ein Besuch in der Spielhalle da. Doch für Betroffene wird das Spiel schnell zum Zwang. Das Denken kreist nur noch um den nächsten Einsatz, das nächste große Glück. Schulden, Lügen, Beziehungsprobleme sind häufig die bittere Realität hinter dem vermeintlichen Nervenkitzel¹².
Sucht erkennen – in jeder form
Diese alltäglichen Süchte wirken im ersten Moment weniger bedrohlich als der Konsum harter Drogen – doch das sind sie nicht. Sie verändern Denkweisen, schwächen das psychische Wohlbefinden, schränken den Alltag ein und beeinträchtigen Beziehungen und das Selbstwertgefühl. Und sie betreffen Millionen Menschen – oft, ohne dass sie selbst es merken.
Darum ist es wichtig, Sucht in all ihren Erscheinungsformen zu erkennen und ernst zu nehmen – egal, ob sie sich in der Flasche, im Smartphone oder im Spielautomaten verbirgt. Für uns als Gesellschaft ist es wichtig, nicht mehr zwischen „echten“ und „harmlosen“ Süchten zu unterscheiden, sondern allgemeines Bewusstsein zu schaffen, das hilft, offen über Süchte jeglicher Art zu sprechen und so auch Betroffenen den Weg aus der Abhängigkeit zu ermöglichen.
³ https://www.euda.europa.eu/system/files/documents/2025–06/highlights_edr2025_de_finalweb.pdf
⁵ https://www.dhs.de/suechte/alkohol/zahlen-daten-fakten/
⁶ https://dassuchtportal.de/alkoholsucht/alkoholiker-erkennen
⁷ https://www.kenn-dein-limit.de/alkoholkonsum/folgen-von-alkohol/
⁸ https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Jahrbuch_Sucht/JBSucht2025_komplett_WEB.pdf
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