Pflegende Angehörige sind die größte „Pflegeeinrichtung“ Deutschlands – und das oft unsichtbar.
Rund 80 % der Pflege wird zuhause erbracht, überwiegend von Angehörigen. Viele von ihnen stehen mitten im Berufsleben und müssen den täglichen Balanceakt zwischen Job, Pflege und eigenem Leben meistern. Für Arbeitgeber ist dieses Thema von hoher Relevanz: Es betrifft nicht nur die Fürsorgepflicht, sondern auch Mitarbeiterbindung, Produktivität und das Betriebsklima.
Die Situation in Deutschland
Pflege findet in Deutschland zum allergrößten Teil im privaten Umfeld statt. Von den rund 5,7 Millionen Pflegebedürftigen wird die Mehrheit (86%) von Angehörigen zuhause betreut¹ – oftmals ohne professionelle Unterstützung. Schätzungen zufolge kümmern sich etwa 4 bis 5 Millionen Menschen um ihre pflegebedürftigen Angehörigen². Ein Drittel davon erbringt täglich mindestens zwei Stunden Pflegeleistungen. Mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen wird zudem ausschließlich durch Angehörige versorgt. Damit sind pflegende Angehörige die tragende Säule unseres Pflegesystems.
Besonders relevant für Unternehmen: Ein Großteil dieser Menschen ist im erwerbsfähigen Alter. Studien zeigen, dass zwei Drittel der pflegenden Angehörigen gleichzeitig einer beruflichen Tätigkeit nachgehen. 6% der Bevölkerung im Erwerbsalter pflegen somit einen Angehörigen³.
Die Herausforderungen pflegender Angehöriger
Zeitliche Doppelbelastung
Die Pflege eines oder einer Angehörigen lässt ich nicht immer planen. Unerwartete Krisensituationen, ein spontaner Arztbesuch oder das hohe Maß an bürokratischen Anforderungen – all dies muss trotz regulärer Arbeitszeit gestemmt werden. Die Zeit für Erholung und Freizeit wird somit deutlich reduziert.
Emotionale Belastung
Die Pflege einer nahestehenden Person ist nicht nur ressourcentechnisch herausfordernd, sondern kann auch emotional belastend sein. Schuldgefühle, Stress, Ängste und Sorgen werden durch die Pflegesituation oftmals verstärkt.
Berufliche Folgen
Die Angehörigenpflege kann sich negativ auf die eigene berufliche Laufbahn auswirken. Reduzierte Arbeitszeiten, häufige Fehltage und mangelnde Konzentration können zu Karriereeinbußen bis hin zur Kündigung führen.
Finanzielle Herausforderungen
Die Pflege einer angehörigen Person kostet nicht nur Zeit, mentale Ressourcen und körperliche Kraft, sie kostet auch Geld. Erwerbseinschränkungen wirken sich langfristig auf die Rente und die Altersvorsorge aus.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Pflegende Angehörige stellen eine wachsende Gruppe der Beschäftigten dar. Wenn Unternehmen ihre Bedarfe ignorieren, drohen Fachkräftemangel, Know-how-Verlust und steigende Krankheitsquoten. Ein proaktiver Umgang mit dem Thema ist daher Teil eines modernen Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM).
Der Spagat kann durch die richtige Unterstützung leichter gestemmt werden, sodass Mitarbeitende leistungsfähig, gesund und zufrieden in ihrem Angestelltenverhältnis bleiben.
Mögliche Lösungsansätze sind:
- Flexible Arbeitszeitmodelle: Homeoffice, Gleitzeit, kurzfristige Freistellungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeiten.
- Pflege- und Familienfreundlichkeit in der Unternehmenskultur: Offener Umgang und transparente Gespräche, gegenseitiges Verständnis, kein Tabuthema.
- Informations- und Beratungsangebote: Kooperationen mit Pflegestützpunkten, Workshops und interne Informationsveranstaltungen.
- Unterstützung durch BGM-Maßnahmen: Stressbewältigungsprogramme, Resilienz Trainings, psychosoziale Beratung.
- Betriebliche Pflegelotsen: Ansprechpersonen im Unternehmen, die über rechtliche Ansprüche, Entlastungsangebote und Unterstützungsnetzwerke informieren.
Pflegende Angehörige leisten tagtäglich Enormes – häufig im Verborgenen. Für Unternehmen bedeutet das: Wer Mitarbeitende mit Pflegeverantwortung unterstützt, stärkt nicht nur deren Gesundheit und Zufriedenheit, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Betriebliches Gesundheitsmanagement, ein transparenter Umgang mit dem Thema sowie die Einführung betrieblicher Pflegelotsen sind entscheidende Schritte, um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf besser zu gestalten.
¹ https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/12/PD24_478_224.html
² https://www.rki.de/DE/Themen/Nichtuebertragbare-Krankheiten/Gesundheit-im-Lebensverlauf/Pflege/2015_3_pflegende_angehoerige.pdf?__blob=publicationFile&v=1
³Pflegende Angehörige in Deutschland: Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbstätigkeit – PMC
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