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Wir sind mit Zucker in Serie! Der Beginn einer Zucker-Lügen-Reihe

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Wann schadet Lügen eigent­lich? Und wem? Das führt mich direkt zur nächsten Frage: Warum lügen wir? Wenn wir höflich sein oder anderen Schmerz ersparen wollen, ziehen wir einfach die Notlüge aus der kommu­ni­ka­ti­ven Trick­kiste: Ausreden, um anderen nicht die Wahrheit sagen zu müssen, erleich­tern uns auch aus Gewis­sens­grün­den das Leben. Ob Schwin­deln oder Ausrede: Angeblich lügen wir bis zu 200 Mal am Tag. Lügen ist also – irgendwie – mensch­lich.

Doch es gibt einen Unter­schied, bei dem das sozial-sympathische Schwin­deln die Grimasse des Asozialen annimmt. Und dieser Unter­schied liegt meiner Meinung nach in der Schwere der Lüge. Es ist schließ­lich ein Unter­schied, ob ich sage: „Das hat mir geschmeckt“, obwohl ich es anders empfinde; mein Gegenüber sich dafür aber wertge­schätzt fühlt. Oder, ob es einem Menschen hinterher schlech­ter geht, weil etwas als Wahrheit aufge­tischt wird, von dem nur der Absender weiß, dass es eine Mogel­pa­ckung ist. Sei es, weil er besser dastehen will und sein Produkt besser dastehen soll als es ist. Oder, weil ihm die Mogel­pa­ckung selbst Vorteile verschafft und ihn die – gesund­heit­li­chen – Folgen für andere nicht inter­es­sie­ren.

Zucker-Lügen haben viele Gesichter

Das Produkt ist in diesem Fall (Haushalts-)Zucker. Das Gesicht des Mogel­pa­ckers ist lange Zeit unbekannt gewesen, denn es fehlten ihm – im Gegensatz zu Mutti oder Pizza­bä­cker Pietro – zwei Augen, in die man gucken kann. Und es fehlten ihm die Ohren, die hören (wollten): „Das, was du mir auftischst, macht mich krank.“ Die Zucker-Lüge hat nämlich viele Gesichter. Ob generi­sche Aufklä­rungs­kam­pa­gne, bei der PR-Profis Zucker eine sympa­thi­sche Tarnung verleihen oder durch Ablen­kungs­ma­nö­ver, bei der der Schwer­punkt einfach auf das verlegt wird, von dem zu wenig krank machen würde: Bewegung. Wenn es darum geht, etwas zu verharm­lo­sen oder Menschen in die Irre zu führen, wiegt das schwer.

Gewicht, Zeit (-Spanne) und syste­ma­ti­sche Irrefüh­rung
Ein Werbespot oder eine Veröf­fent­li­chung in einem Print-Medium in den 1960er-Jahren hatte eine nachhal­ti­gere Bedeutung für das gesell­schaft­li­che Bewusst­sein als heute: Absender buhlen mit der heute möglichen Technik und der Digita­li­sie­rung in jeder Sekunde um unsere Aufmerk­sam­keit. Grund­sätz­lich gilt: Das allge­meine Bewusst­sein in syste­ma­ti­scher Weise zu beein­flus­sen zählt zur Propa­ganda – wer zielge­rich­tet versucht, öffent­li­che Sicht­wei­sen zu formen, Erkennt­nisse zu manipu­lie­ren und das Verhalten in eine erwünschte Richtung zu steuern, lügt.

Die Low-Fat-Lüge oder: Der Schwarze Peter heißt Fett
Jahrzehn­te­lang ist so eine Beein­flus­sung genutzt worden, um die Folgen von zu viel Zucker herun­ter­zu­spie­len. Die Taktik? Wieder ein Ablen­kungs­ma­nö­ver: Der Schwarze Peter wurde einfach einem anderen Grund­nah­rungs­mit­tel zugeschrie­ben – dem Fett. Unter der sogenann­ten Low-Fat-Propaganda sind dazu in den 1960er- Jahren einige Harvard-Wissenschaftler von der Zucker-Industrie geschmiert worden: Sie sollten den Zusam­men­hang von Zucker und koronaren Herzer­kran­kun­gen herun­ter­spie­len. Und das taten sie auch. Die Profes­so­ren John Yudkin und Robert H. Lustig waren Anfang der 1970er-Jahre Aufklä­rungs­pio­niere gegen diese Lüge. In dem Buch namens „Pure, White and deadly”, erläutern sie, dass Zucker­kon­sum nicht nur in direktem Zusam­men­hang mit koronaren Herzer­kran­kun­gen steht, sondern auch zu Adipo­si­tas Diabetes-Typ-II. Sie haben auch Pionier­ar­beit geleistet, weil sie die Studien kriti­sie­ren, die von der Industrie gespon­sert waren. Sie belegen in ihrem Buch, dass die Forschungs­fel­der von Harvard Professor Ancel Keys von der Zucker­in­dus­trie unter­stützt wurden. Ein Pionier der heutigen Zeit ist Damon Gameau. Auf seinem Zucker­kon­sum ist das Buch namens „Voll verzu­ckert“ gewachsen, das 2015 erschien. Er hat dazu zwei Monate lang täglich 40 Teelöffel Zucker gegessen und über die Folgen geschrie­ben. Sechs Teelöffel davon dürfen es laut WHO am Tag sein. Auf diese Art bekam er drei Kilo binnen zwölf Tagen auf die Hüften und war drauf – wie auf Droge.

Das Ding – und die Kernfrage seiner Recher­chen: Wo steckt eigent­lich überall Zucker drin? Und wie verzu­ckert sind wir eigent­lich? Und wie fühlen wir uns damit? Durch ihn und weitere Aufklärer – denn er hat auch Lügen-Propaganda rund um Zucker aufge­deckt – sind die Verbrau­cher zumindest in einigen Ländern bewusster im Umgang mit Zucker geworden. Zucker zaubert seitdem mit seiner krank­ma­chen­den Kehrseite durch die Medien, wahlweise als Blogbus­ter für Ratgeber im TV oder als Gesundheits-Hacks in Blogs. Zuckerfrei-Challenges (zum Beispiel Healthy Habits oder Projekt gesund leben) gehen auf Aufklärer wie diese zurück. Die Pioniere haben es mit ihrer Aufklä­rungs­ar­beit geschafft, die gesunde Dosis des weißen Kristalls in Frage zu stellen und über Wirkungen aufzu­klä­ren. Leider bringen Lügen wie die Low-Fat-Lüge noch mehr mit sich: Vertrau­ens­ver­lust in die Wissen­schaft.

Die Dosis macht das Gift
Zucker­kon­sum ist eine Frage der Dosis. Und da sich Gift ja nicht auf den ersten Blick nachwei­sen lässt, kommt es zusammen mit Bewegungs­faul­heit erst nach vielen Jahren in Form des metabo­li­schen Syndroms daher, also mit bauch­be­ton­ter Fettlei­big­keit, Bluthoch­druck, Fettstoff­wech­sel­stö­rung und Insulin­re­sis­tenz. Dieses Quartett der krank­ma­chen­den Eigen­schaf­ten kann dann die Karte für Erkran­kun­gen wie Diabetes sowie Herz- und Gefäß­er­kran­kun­gen ausspie­len.

Zucker zaubert? Mit Zucker lacht das Leben?
Das Ding: Es ist ja eben nicht die Pudding­schne­cke, von der ich ja weiß, dass sie als Nachtisch oder Leckerei zwischen­durch gedacht ist und mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann. Sie zählt nicht zur Mogel­pa­ckung. Es sind die mit Zucker verar­bei­te­ten Lebens­mit­tel – zum Beispiel Frucht-Joghurts und deren Light-und Fat-Free-Produkte: Fehlt der Geschmacks­trä­ger Fett, heißt das, dass mehr Zucker drinsteckt – eine Milch­mäd­chen­rech­nung. Hinzu kommen die bunten Karto­na­gen mit unver­ständ­li­chen Nährwert­an­ga­ben, und sogenannte Erfri­schungs­ge­tränke, zu denen zucker­hal­tige Limos, Energy-Drinks und Cola-Getränke zählen. Dieser Blogbei­trag soll ja erstmal nur zeigen wie schwierig es ist, Lügen aufzu­de­cken, gesell­schaft­lich entstan­dene Glaubens­sätze und Verhal­tens­mus­ter bewusst zu machen und nie in Frage Gestell­tes infrage zu stellen.

Fischen im Trüben: Da liegt immer noch etwas im Argen!
Die Verbrau­cher­or­ga­ni­sa­tion foodwatch legt ihren Finger immer wieder auf zuckrige Angele­gen­hei­ten mit Neben­ge­schmack. Sie erinnern Lebens­mit­tel­un­ter­neh­men und politi­sche Akteure immer wieder daran, dass sie Verant­wor­tung tragen und machen bewusst, wo noch Lügen im Trüben liegen. Ein immer wieder­keh­ren­des Thema ist die sogenannte Lebens­mit­tel­am­pel. Die soll es Verbrau­chern ermög­li­chen, im Dickicht bunter Werbe­kar­to­na­gen den Überblick zu behalten, um ein möglichst gesundes Lebens­mit­tel einzu­kau­fen. Wer durch­schaut Mogel­pa­ckun­gen und Nährwerte im Waren­re­gal schon auf Anhieb?

 

Unsere Nachbarn Großbri­tan­nien und Frank­reich und jetzt auch Belgien führen eine Nährwert-Ampel für Lebens­mit­tel. Damit werden Zucker sowie auch Salze, Fette und Co für den Verbrau­cher übersicht­li­cher, weil für alle Verpa­ckun­gen eine einheit­li­che Lebens­mit­tel­am­pel gilt. Ärzte­ver­bände, Kranken­kas­sen und Verbrau­cher­or­ga­ni­sa­tio­nen fordern in Deutsch­land ein solches Ampel-System schon seit Jahren. Die neue belgische Ampel entspricht dem sogenann­ten NutriScore-Modell: NutriS­core wurde von Wissen­schaft­lern entwi­ckelt und nimmt eine Gesamt­be­wer­tung des Nährwert­pro­fils eines Produktes vor, indem günstige und ungüns­tige Nährwert­be­stand­teile mit Punkten bewertet und dann mitein­an­der verrech­net werden. Das Ergebnis wird mit einer fünfstu­fi­gen Farbskala darge­stellt –zugleich sind die Buchsta­ben A‑E hinter­legt. Ein Produkt mit einem günstigen, ausge­wo­ge­nen Nährwert­pro­fil erhält somit eine grüne Einord­nung und den Buchsta­ben A, ein sehr unaus­ge­wo­ge­nes Produkt enthält eine rote Bewertung und den Buchsta­ben E.

Das NutriScore-Modell unter­schei­det sich damit von dem Ampel-Modell, das die englische Lebens­mit­tel­be­hörde FSA bereits 2007 entwi­ckelt hatte. Diese „Original-Ampel“ zeigt nicht eine einzige Farbskala, sondern vier: jeweils für die Zutaten Fett, gesät­tigte Fette, Zucker, Salz. Beide Systeme haben nach Angaben von foodwatch in einem großen Vergleichs­test der franzö­si­schen Regierung dazu geführt, dass Menschen gesünder einkaufen.

„Ob NutriS­core aus Frank­reich oder die Original-Ampel aus Großbri­tan­nien: Entschei­dend ist, dass wir ein von unabhän­gi­gen Experten entwi­ckel­tes System haben, das die Nährwerte eines Produkts mit einer farbli­chen Kennzeich­nung direkt auf der Produkt­vor­der­seite darstellt und die Vergleich­bar­keit von Produkten gewähr­leis­tet, “ sagt Oliver Huizinga, Leiter Recherche & Kampagnen bei foodwatch.

 

Ein Dschungel aus Kennzeich­nun­gen

Seit Dezember 2016 ist die Nährwert­kenn­zeich­nung für alle vorver­pack­ten Lebens­mit­tel EU-weit verpflich­tend. Auch bei uns in Deutsch­land ist diese Auflis­tung mit sieben Nährwer­ten bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milli­li­ter dem Etikett Pflicht. Das Ding: Da die Pflicht zur Nährwert­kenn­zeich­nung EU-weit einheit­lich geregelt ist, können Mitglieds­staa­ten zusätz­li­che, farbba­sierte Kennzeich­nungs­mo­delle nur auf freiwil­li­ger Basis einführen.

Dazu fällt mir nur die Erzählung „The Country oft he Blind“ von H.G. Wells ein. Die Analogie: Wenn nur ein Herstel­ler die Ampel hierzu­lande einführt, wird der Einäugige zwar für den Moment König. Danone wird also als Vorreiter davon profi­tie­ren, denn die Verbrau­cher werden den Herstel­ler zusätz­lich mit etwas bewerten, das man mit Mogel­pa­ckun­gen nicht erreicht: mit Vertrau­ens­punk­ten und einem positiven Image.  Den Verbrau­chern wird es aber auf lange Sicht keine Übersicht im Dschungel der Produkte geben.

Das weitere Ding: Diese freiwil­lige Basis nutzen die fünf großen Lebensmittel-Unternehmen Nestlé, Coca-Cola, Pepsi, Unilever und Mondelez dazu, um eine weitere Industrie-Ampel nach eigenem Geschmack einzu­füh­ren – eine manipu­lie­rende Ampel sozusagen – die auf Basis von Porti­ons­grö­ßen berechnet wird. Ein Schoko-Brotaufstrich würde mit seinen Haupt­be­stand­tei­len Zucker und Fett keine einzige rote Ampel erhalten. Welche Gewich­tung hätte diese Lüge dann?

Wibke Roth

Ich heiße Wibke Roth.  Und ich arbeite am liebsten schreibend und schwitzend – in die Tasten hauend und als Fitness-Trainerin. Man könnte auch schreiben: Wenn ich Texte verfasse, erfasse ich die Welt. Wenn ich andere in Bewegung bringe, erlebe ich sie. Meistens bewege ich mich übrigens mit. Ich kann nicht anders. Manchmal gerate ich jedoch auch beim Schreiben ins Schwitzen: je nach Temperatur, Thema und Terminfrist. Wenn mein Sportsgeist außer Atem kommt, haue ich auch gerne einfach `mal ab – in die Berge, ans Meer oder in den Wald. Wenn davon nichts in Sicht ist, haue ich mich einfach aufs Ohr. Das ist sehr gesund und besser als draufloszuhauen – also wild schreiend; dann doch lieber schreibend in die Tasten.

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