Für Unternehmen

Kinder haben ein Recht auf Bewegung – Interview mit Kerstin Holze, Vorsitzende der Deutschen Kinderturn-Stiftung

Start­seite / Team Gesund­heit Blog / Bewegung und Ergonomie / Kinder haben ein Recht auf Bewegung – Interview mit Kerstin Holze, Vorsit­zende der Deutschen Kinderturn-Stiftung

Kerstin Holze ist Fachärz­tin für Kinder- und Jugend­heil­kunde, verhei­ra­tet und Mutter von drei Kindern. Sie ist seit ihrer aktiven Zeit als Hockey­spie­le­rin in den Vereins­struk­tu­ren engagiert und arbeitet seit 2006 ehren­amt­lich für den Deutschen Turner-Bund (DTB).

Seit 2019 ist sie Vorsit­zende der Deutschen Kinderturn-Stiftung. Hier kann sie sich mit voller Kraft ihrem Know-how rund um die Bewegungs­för­de­rung von Kindern widmen.

Frau Holze, mir ist gestern beim Spazier­gang ein etwa dreijäh­ri­ges Mädchen in einem pinken Elektro-Cabrio auf dem Bürger­steig entge­gen­ge­fah­ren. Ihre Mutter rannte nebenher und griff hin und wieder ins Lenkrad. Da kann man nur hoffen, dass Kinder wie sie noch sonst irgendwo aktiv sein dürfen – wenn die Eltern schon nicht vorbild­lich handeln – und damit meine ich jetzt nicht, dass sie ins Lenkrad gegriffen hat.

Kerstin Holze (lacht): Ja. Das ist ihr zu wünschen.

In einem FAZ-Interview, das Ende 2019 erschie­nen ist, haben Sie kriti­siert, dass sich drei Viertel aller Kindern nicht ‘mal eine Stunde am Tag bewegen: Das verschlech­tert die Motorik und kann sogar die Kopfre­chen­leis­tung negativ beein­flus­sen. Warum ist das so?

Kerstin Holze: Wenn ein Kind auf die Welt kommt, erschließt es sich diese nicht primär über den Geist, sondern unter anderem über Bewegung. Und diese Bewegung ist Nahrung für das Gehirn. Ein komplexer Bewegungs­ab­lauf wie eine Rolle rückwärts führt dazu, dass sich Nerven­zel­len vernetzen und komplexe Gehirn­struk­tu­ren als Grundlage für komplexe Denkleis­tun­gen entstehen.

Eltern können mit dazu beitragen, dass sie durch ihr eigenes Verhalten das Leben ihrer Kinder Richtung Bewegungs­ar­mut einläuten, zum Beispiel dadurch, indem sie ihre Kinder mit einer Lenkstange am Dreirad zum Kinder­gar­ten schieben, später ihren Nachwuchs in die Schule kutschie­ren oder das Kind im Cabrio fahren lassen. Sind das alle kleine Tröpfchen oder haupt­säch­li­che Ursache für Bewegungs­ar­mut? Wo doch gesundes Verhalten der Keim von Gesund­heit ist?

Kerstin Holze: Gerade im Vorschul- und Grund­schul­al­ter haben Eltern einen maßgelb­li­chen Einfluss auf den Bewegungs­all­tag ihrer Kinder. Kurz gesagt: bewegte Eltern haben bewegte Kinder und aus bewegten Kindern werden oft bewegte Jugend­li­che und das setzt sich bis ins hohe Alter fort.

Und was bringt Kinder zum Sport?

Im Vorschul- und Grund­schul­al­ter sind auch hier die Eltern der entschei­dende Faktor.  Sie sind es die den Kontakt zum Verein herstel­len, ihre Kinder zum Training bringen und sie beim Sport­trei­ben emotional begleiten. Später hat die Peergroup – also andere Jugend­li­che – einen maßgeb­li­chen Einfluss auf das Sport- und Bewegungs­ver­hal­ten.

Warum ist eine bewegte Kinder- und Jugend­zeit so wichtig?

Kerstin Holze: Eine bewegte Kinder- und Jugend­zeit hat unter anderem einen positiven Einfluss auf eine gesunde körper­li­che und geistige Entwick­lung. Darüber hinaus besteht laut den Ergeb­nis­sen der MoMo-Studie des Karls­ru­her Instituts für Techno­lo­gie ein Zusam­men­hang zwischen dem Bewegungs­aus­maß in der Kindheit und dem Wohlbe­fin­den als Erwach­se­ner. Inaktive Kinder haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine schlechte subjek­tive Gesund­heit bzw. Wohlbe­fin­den.

Der regel­mä­ßige Spazier­gang zur Schule als Walking Bus, Bewegungs­spiele und Konzepte wie die bewegte Schule und die Öffnung der Turnhal­len auch am Wochen­ende bringen allen Kindern also nachhal­tig etwas?

Kerstin Holze: Richtig, denn alle erwähnten Beispiele tragen zu einem bewegten Alltag bei. Neben einem bewegten Alltag ist es aber auch wichtig, dass alle Kinder Zugang zu einem wohnort­na­hen quali­fi­zierte Sport­an­ge­bot haben. Wir, die Deutsche Kinderturn-Stiftung, machen uns dafür stark und unter­stüt­zen Projekte, die dazu beitragen dieses Ziel zu reali­sie­ren.

Gibt es da auch neue wissen­schaft­li­che Erkennt­nisse in punkto der dreimo­na­ti­gen Pause durch Corona?

Kerstin Holze: Es gibt erste Ergeb­nisse einer Stich­pro­ben­un­ter­su­chung vom KIT, die darauf hinweisen, dass die 4–17-Jährigen zur Zeit des Lockdowns mehr Zeit in Bewegung verbracht haben als vor dem Lockdown. Abgesehen davon ist es zu einer deutli­chen Zunahme digitaler Bewegungs­an­ge­bote für Kinder und Jugend­li­che gekommen. Die Deutsche Turner­ju­gend zum Beispiel hat in Zusam­men­ar­beit mit der Bundes­zen­trale für gesund­heit­li­che Aufklä­rung Taffis Turnstunde in die Wohn- und Kinder­zim­mer gebracht. Kinder hatten so die Möglich­keit, sich gemeinsam mit dem ihnen durch das Kinder­tur­nen im Verein bekannten Maskott­chen zu bewegen und ihre Eltern konnten für 20 Minuten durch­at­men, arbeiten oder mitmachen.

Wir als Deutsche Kinderturn-Stiftung prüfen aktuell, wie wir die Entwick­lung des Bewegungs- und Sport­ver­hal­tens in den kommenden Monaten unter weiterhin geltenden Hygie­ne­auf­la­gen unter­stüt­zen können. Dazu möchte die Deutschen Turner­ju­gend eine Abfrage bei den mitwir­ken­den Vereinen zum Tage des Kinder­tur­nens machen.

Was wünschen Sie sich für die Kinder und ihre bewegte Zukunft?

Kerstin Holze: Kinder haben ein Recht auf Bewegung – unabhän­gig von dem Ort, an dem sie leben und der dort vorhan­de­nen Infra­struk­tur. Deshalb wünsche ich mir, dass alle Kinder im Laufe ihres bewegten Lebens eine wohnort­nahe motori­sche Grund­la­gen­aus­bil­dung im Kinder­tur­nen erfahren. Kinder­tur­nen als DAS Bewegungs-ABC sollte wie das Lesen­ler­nen ein selbst­ver­ständ­li­cher Baustein der kindli­chen Entwick­lungs­un­ter­stüt­zung sein.

 

Infokas­ten: Über die Deutsche Kinderturn-Stiftung

Im Sommer 2007 nahm die Deutsche Kinderturn-Stiftung ihre Arbeit auf. Ihr Haupt­an­lie­gen ist, die Wichtig­keit der Förderung des Kinder­tur­nens und der Bewegung von Kindern einer breiten Öffent­lich­keit bewusst zu machen. Dazu gehört die nachhal­tige Förderung von Wissen­schaft und Forschung, um die Bewegungs­an­ge­bote für Kinder weiter zu optimie­ren.

Dafür unter­stützt die Stiftung unter anderem die „Offensive Kinder­tur­nen“ des Deutschen Turner­bun­des und der Deutschen Turner­ju­gend.

Wibke Roth

Ich heiße Wibke Roth.  Und ich arbeite am liebsten schreibend und schwitzend – in die Tasten hauend und als Fitness-Trainerin. Man könnte auch schreiben: Wenn ich Texte verfasse, erfasse ich die Welt. Wenn ich andere in Bewegung bringe, erlebe ich sie. Meistens bewege ich mich übrigens mit. Ich kann nicht anders. Manchmal gerate ich jedoch auch beim Schreiben ins Schwitzen: je nach Temperatur, Thema und Terminfrist. Wenn mein Sportsgeist außer Atem kommt, haue ich auch gerne einfach `mal ab – in die Berge, ans Meer oder in den Wald. Wenn davon nichts in Sicht ist, haue ich mich einfach aufs Ohr. Das ist sehr gesund und besser als draufloszuhauen – also wild schreiend; dann doch lieber schreibend in die Tasten.

Gesundheit im Posteingang!

Jetzt Newsletter abonnieren und nichts mehr verpassen.

Die Abmeldung ist jederzeit über den Link in unserem Newsletter möglich.

Das erwartet sie

Ihre Kontaktanfrage

Hinzugefügt

Gute Wahl! Das Produkt wurde Ihrer Anfrage beigefügt.