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Ernährung zwischen digitalem Tattoo, Orientierung und sozialem Kitt

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Der Autor des Bestsel­lers „Der Ernäh­rungs­kom­pass“ Bas Kast verrät am Ende eines Radio­in­ter­views, dass er seinen Einkaufs­wa­gen die meiste Zeit dort parke, wo am wenigsten verpackt ist: in der Obst- und Gemüse­ab­tei­lung. Dann folge noch ein kurzer Abstecher zu Linsen, Kicher­erb­sen und Nüssen und dann sehe er zu, dass er zur Kasse komme. Kast arbeitet als Wissen­schafts­jour­na­list; er studierte Psycho­lo­gie. Er habe, so verrät er in dem Interview, sein Essver­hal­ten radikal geändert, nachdem ihm beim Laufen – er war zwar relativ schlank, aber mit speckigem Rettungs­ring um die Taille gesegnet – die Luft wegge­blie­ben sei. Er kippte um.
Inspi­riert durch seine Schwester habe er es mit mehr frischem Gemüse, Obst und Salat statt morgens Schoko­lade, tagsüber Junkfood und einer abend­li­chen Tüte Chips probiert. Zwar habe er nicht ausschließ­lich so gegessen: „Ich habe einfach überhaupt nicht drauf geachtet, was und wie ich esse.“ Als die eiserne Hand vom Herzen weg war und er nach zweiwö­chi­ger „experi­men­tel­ler Diät“ keine Kreis­lauf­pro­bleme mehr hatte, ist er auf die Art eines Wissen­schafts­jour­na­lis­ten an den Speck gegangen: Er habe Tausende Ernäh­rungs­stu­dien aus der Ernährungs- und Alters­for­schung gelesen und aus seinen Schluss­fol­ge­run­gen ist dann der Ernäh­rungs­kom­pass entstan­den.

„Ist Essen so etwas wie eine Religion geworden?“

Die Interview-Moderatorin Gisela Stein­hauer fragt ihn aber auch, ob Essen so etwas wie eine Religion geworden sei. „Es ist so eine Art soziale Distink­tion geworden“, antwortet Bas. Man könne sich damit von anderen abgrenzen und sich über sie erheben, mit Insider­wis­sen bluffen und moralisch argumen­tie­ren. Wer kennt das nicht? Gerne wird – je nach Gruppe und Überzeu­gung – etwa bei Veganern und Vegeta­ri­ern das Tierwohl oder – zum Beispiel bei der stein­zeit­li­chen Ernäh­rungs­weise Paleo – der vermeint­lich gesund­heit­li­che Nutzen in den Vorder­grund gestellt. „Ich finde es bedenk­lich, dass die Fronten hier so radika­li­siert sind.“ Er versuche sie zu entschär­fen. „Die Dosis macht das Gift. Man kann auch mal ein Stück Fleisch essen,“ sagt er. Wichtig sei eben, dass der Spaß beim Essen bleibe und man am Ende nicht – aufgrund von Frust – wieder zur voran­ge­gan­ge­nen Ernäh­rungs­weise zurück und alle Zügel fallen lasse.

Ernährung als kultur­wis­sen­schaft­li­ches Phänomen

Warum essen wir das, was wir essen? Nur, um nicht mehr hungrig zu sein? Neben religiö­sen Aspekten spielen auch Wetter, Medien und die Zyklen der Konjunk­tur eine Rolle. Auch Allergien und Unver­träg­lich­kei­ten entschei­den mit, was auf den Tisch kommt; und eben die Zugehö­rig­keit zu einer Gruppe oder die Abgren­zung von anderen. Vom Frühstücks­fern­se­hen, über Slow-Food-Bewegung und Fragen zur Ernährung der Zukunft: Wenn eine Einord­nung über Ernäh­rungs­kul­tur gefragt ist, ist Markus Schreck­haas gefragt – der Anthro­po­loge für Esskultur am Institut für Infor­ma­tion, Medien, Sprache und Kultur der Univer­si­tät Regens­burg. „Orien­tie­rung und Identität rücken in den Fokus, um den ‚Hunger‘ geht es schon lange nicht mehr“, konsta­tiert Schreck­haas in der Nestlé-Studie „Wie is(s)t Deutsch­land 2030?“

Was folgt aus der Selbst­in­sze­nie­rung und Indivi­dua­li­sie­rung beim Essen?

„Ich zeige, was ich esse – und dadurch, was ich bin“, schreibt Privat­do­zent Dr. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernäh­rungs­psy­cho­lo­gie in Göttingen. Auf der Vernet­zungs­platt­form Xing schreibt er unter der Rubrik Klartext, dass Essen zum „digitalen Tatto“ avanciere – ein model­lier­ba­res Selbst­bild. Doch was folge aus der Selbst­in­sze­nie­rung und Indivi­dua­li­sie­rung? Ellrott: „Eine Gesell­schaft kulina­ri­scher Egomanen, die sich gegen­sei­tig vorwerfen, einem falschen Ernäh­rungs­glau­ben aufzu­sit­zen? Teilweise, aber eine andere Funktion des Essens nivel­liert: Gemein­sa­mes Essen ist sozialer Kitt. Facebook zum Beispiel kann zwar oberfläch­li­che Zusam­men­ge­hö­rig­keit erzeugen, aber gemein­sa­mes Essen mit Familie und Freunden vor Ort schafft ein tragfä­hi­ge­res soziales Netz. Das gemein­schaft­li­che Grillen am Wochen­ende zu zelebrie­ren ist ein sinnstif­ten­des Szenario – und das wird es auch bleiben. Ob nun vegeta­risch oder Paleo.“

Paleo oder Paläo orien­tiert sich an einer Ernäh­rungs­form des Menschen, die sich an der vermu­te­ten Ernährung der Altstein­zeit orien­tiert. Die Ernährung besteht vor allem aus Gemüse, Wildfleisch, Beeren, Fisch, Meeres­früch­ten, Schalen­tie­ren, Eiern, Obst sowie Kräutern, Pilzen, Nüssen, Esskas­ta­nien und Honig.
Vegeta­ris­mus bezeich­net ursprüng­lich eine Ernährungs- und Lebens­weise, bei der neben Nahrungs­mit­teln pflanz­li­chen Ursprungs nur solche Produkte verzehrt oder benutzt werden, die vom lebenden Tier stammen.
Veganis­mus ist eine aus dem Vegeta­ris­mus hervor­ge­gan­gene Einstel­lung sowie Lebens- und Ernäh­rungs­weise. Vegan lebende Menschen meiden entweder zumindest alle Nahrungs­mit­tel tieri­schen Ursprungs oder sie meiden Tiere und tierische Produkte insgesamt. Ethisch motivierte Veganer achten zumeist auch bei Kleidung und anderen Waren darauf, dass diese frei von Tierpro­duk­ten sind und ohne Tierver­su­che herge­stellt wurden.

Wibke Roth

Ich heiße Wibke Roth.  Und ich arbeite am liebsten schreibend und schwitzend – in die Tasten hauend und als Fitness-Trainerin. Man könnte auch schreiben: Wenn ich Texte verfasse, erfasse ich die Welt. Wenn ich andere in Bewegung bringe, erlebe ich sie. Meistens bewege ich mich übrigens mit. Ich kann nicht anders. Manchmal gerate ich jedoch auch beim Schreiben ins Schwitzen: je nach Temperatur, Thema und Terminfrist. Wenn mein Sportsgeist außer Atem kommt, haue ich auch gerne einfach `mal ab – in die Berge, ans Meer oder in den Wald. Wenn davon nichts in Sicht ist, haue ich mich einfach aufs Ohr. Das ist sehr gesund und besser als draufloszuhauen – also wild schreiend; dann doch lieber schreibend in die Tasten.

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