Herausforderung Einsamkeit – ein Selbstläufer ohne Hilfe ?!
Was ist eigentlich einsamkeit?
EInsamkeit betrifft uns alle
Zielgruppen im Fokus
Ältere Menschen
Der Blick auf ältere Menschen ist bei dem Thema Einsamkeit unerlässlich. Laut Einsamkeitsbarometer sind Einsamkeitsbelastungen ab dem 75. Lebensjahr besonders ausgeprägt, oft verstärkt durch den Verlust sozialer Netzwerke oder gesundheitliche Einschränkungen.
Die gesundheitlichen Folgen sind erheblich: Einsame Menschen leiden häufiger unter chronischen Krankheiten, Herzerkrankungen oder Gebrechlichkeit. Diese körperlichen und psychischen Belastungen wirken sich wiederum auf das eigene Aktivitätslevel aus, wodurch ein Teufelskreis entstehen kann: Wer einsam ist, kann körperlich eingeschränkter sein, wer wiederum körperlich eingeschränkt ist, wird wohlmöglich noch einsamer.
Empfehlungen:
· Förderung von Gemeinschaftsprojekten: Initiativen in Wohnheimen oder Nachbarschaften können helfen, soziale Bindungen zu stärken.
· Technologische Unterstützung: Schulungsangebote zur Nutzung digitaler Kommunikation können älteren Menschen helfen, Kontakte zu pflegen.
Erwachsene (Berufstätige)
In der Arbeitswelt bleibt Einsamkeit ein drängendes Problem. Psychische Belastungen durch Einsamkeit können Rückzug und längere Fehlzeiten zur Folge haben.
Die große Herausforderung besteht im Aufbrechen des Schweigens. Unternehmen müssen Türen öffnen, um betroffenen Menschen Eintritt zu gewähren, die sich aufgrund des Schams ob dieser Thematik noch weiter zurückziehen.
Empfehlungen:
- Teambuilding-Maßnahmen: Unternehmen sollten regelmäßige Teamaktivitäten fördern.
- Interne Anlaufstellen: Sensibilisierte Führungskräfte und für das Thema geschulte Ansprechpersonen können derartige Belastungen bei Betroffenen frühzeitig erkennen und bieten einen sicheren Raum für offene Gespräche.
- Flexibles Arbeiten: Hybridmodelle sollten so gestaltet werden, dass sie soziale Interaktionen unterstützen und nicht für weitere Isolation sorgen.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
Einsamkeit bei jungen Menschen kann schwerwiegende Folgen für ihre Entwicklung haben. Fehlende soziale Bindungen in der Schule können zu langfristigen psychischen Problemen führen. Laut Bertelsmann-Studie 2024 haben Jugendliche ein erhöhtes Risiko, auch im Erwachsenenalter einsam zu sein. Ebenso kann die Einsamkeitserfahrung in dieser Altersgruppe wesentlich langanhaltendere negative Folgen haben.5
Aus diesem Grund muss dieser Zielgruppe besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt werden. Jedoch lautet die Empfehlung der Studie, diese nicht nur als Zielgruppe, sondern gleichermaßen auch als Akteurinnen und Akteure zu betrachten und sie stark in die Herangehensweise an das Thema mit einzubeziehen. Warum ist das so wichtig? Um Lösungen zu finden, die das eigentlich Problem aufgreifen und um die Isolation ein stückweit aufzubrechen, müssen Betroffene involviert werden.
Empfehlungen:
- Soziale Kompetenzen fördern: Schulen sollten Programme zur Stärkung sozialer Fähigkeiten implementieren. Die Schule bietet eine hervorragende Möglichkeit, um möglichst viele Kinder und Jugendliche zu erreichen. Ebenso kann dieser Ort gleichermaßen einen wertvollen Beitrag bei der Sensibilisierung sowie Entstigmatisierung des Themas leisten.
- Eltern sensibilisieren: Aufklärungsarbeit über die Bedeutung von unter anderem Freundschaften für Kinder ist entscheidend. Die Studienlage weist ebenso Ergebnisse mit Blick auf die Korrelation zwischen geringerem Wohlstand sowie instabilen familiären Verhältnissen und Einsamkeit auf. 6 Die Unterstützung aus dem Elternhaus, im Hinblick auf soziale Beziehungen, kann ein wichtiger Hebel sein.
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Einsamkeit und psychische Erkrankungen
Besonders wichtig ist es, die Wechselwirkungen zwischen Einsamkeit, sozialer Isolation und psychischen Erkrankungen zu durchbrechen. Einsamkeit kann zu gesundheitlichen Problemen führen, die die Isolation wiederum verstärken können – ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. An der Stelle geht der Appell an alle Akteurinnen und Akteure: von der Bildung und Arbeitswelt über die Gesundheitspolitik bis hin zu den betroffenen Personen selbst. Das Ziel sollte sein, gesellschaftliche Strukturen zu schaffen, die Einsamkeit nicht nur lindern, sondern ihr langfristig präventiv entgegenwirken.
Es gibt immer mehr Evidenz, die zeigt, dass Menschen, die lange einsam sind, schneller krank werden und sogar früher sterben.
Prof. Dr. Maike Luhmann
Einsamkeit und chronischer Stress
Ausblick – Was können wir als Gesellschaft tun?
Stellen Sie sich vor, ein Kind sitzt allein auf dem Pausenhof, umgeben von lachenden Gruppen, aber ohne Anschluss. Oder denken Sie an die ältere Dame, die tagelang kein Gespräch führt, obwohl das Telefon direkt neben ihr liegt. Einsamkeit hat viele Gesichter – und sie betrifft uns alle.
Die aktuellen Studienergebnisse machen es klar: Einsamkeit ist nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ohne gezielte Maßnahmen droht sie, Menschen aller Altersgruppen zu isolieren und Lebensqualität zu rauben.
Es braucht uns alle – von Bildungseinrichtungen über Unternehmen bis hin zur Gesellschaft als Ganzes. Unsere Aufgabe ist es, Brücken zu bauen, die Begegnungen ermöglichen, Strukturen zu schaffen, die Gemeinschaft stärken, und präventiv zu handeln, bevor Einsamkeit Wurzeln schlägt.
Nur, wenn wir gemeinsam handeln, können wir verhindern, dass aus einsamen Kindern einsame Erwachsene werden – und dass unsere älteren Mitmenschen in der Stille des Alleinseins verschwinden. Die Zeit zu handeln ist jetzt – für eine Gesellschaft, in der niemand allein bleibt.
1 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/erstes-einsamkeitsbarometer-fuer-deutschland-veroeffentlicht-240202, letzter Zugriff 10.12.2024
2 https://kompetenznetz-einsamkeit.de/einsamkeit, letzter Zugriff 10.12.2024
3 https://www.socialnet.de/lexikon/Einsamkeit, letzter Zugriff 10.12.2024
4 Steinmayr, Ricarda, Miriam Schmitz, Maike Luhmann (2024).Wie einsam sind junge Erwachsene im Jahr 2024? Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage. Hrsg. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
5 e.b.d.
6 Schütz, R., Bilz, L. Einsamkeit im Kindes- und Jugendalter. Zur Verbreitung eines Risikofaktors für die psychische Gesundheit unter 11- bis 15-jährigen deutschen Schülerinnen und Schülern.
Bundesgesundheitsbl 66, 794–802 (2023)
7 https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/einsamkeit/wie-einsamkeit-und-depressionen-zusammenhaengen-1140306, letzter Zugriff 10.12.2024
8 https://www.spektrum.de/news/wie-stress-eine-depression-foerdert/1155687, letzter Zugriff 10.12.2024