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Corona and me: Teil 2 mit Blog-Autorin Wibke Roth

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Wir sind in der achten Woche. Schwanger. Mit Corona. Anders als bei normalen Geburten wissen wir beim Austragen nicht, dass das Baby nach etwa neun Monaten kommt. Wir wissen nicht einmal genau, welches Wesen da genau erzeugt wird, geschweige denn wie lange es uns in Atem hält. Ich glaube: Das, was durch diese gesell­schaft­li­che Geburt entsteht, hat in jedem Fall Mitge­stal­tungs­po­ten­zial.

Und da die Serie Corona-and-me – so meine Intention – eher Zeitzeugen- denn Mutma­ßungs­qua­li­tät haben soll, hat Carsten Stephan im ersten Teil durch das Interview festge­hal­ten, wie die ersten vier Wochen für das Unter­neh­men waren, was unter beson­de­ren Bedin­gun­gen Neues geschaf­fen wurde und wie er sich privat mit dieser neuen Zeit fühlt und aufstellt. Jetzt übernehme ich die Nabel­schnur der Zeitzeu­gin – und zwar unter diesen philo­so­phi­schen Auflagen: Was passiert mit meinem Umfeld und mir?

  1. Welche Fragen habe ich mir vorher nie gestellt?
  2. Was ist anstren­gend?
  3. Was macht mir Angst? Und welche positiven Antworten gibt es als inspi­rie­rende Offensive?

1. Welche Fragen habe ich mir vorher nie gestellt?
Vorhin – als ich einen Beitrag im Web lesen wollte – ploppte rechts eine Werbung für mich auf: modischer Mundschutz – als karierter Schal oder vom Design her klassi­scher an den OP-Look angelehnt – in pink oder schwarz.
Vor dieser Corona-Schwangerschaft habe ich mich nicht gefragt, ob meine Nase und mein Mund bedeckt werden müssen, geschweige denn welche Farbe und welchen Look die Bedeckung haben soll. Nachdem die ersten talen­tier­ten Mitmen­schen selbst zu Nadel, Faden und/oder Maschine griffen, ist nun die Modeindus­trie in die Produk­tion einge­stie­gen. Doch nicht nur die. In Nordrhein-Westfalen gibt es seit Ende April 2020 eine Pflicht für einen Mund-Nasen-Schutz in Teilbe­rei­chen des öffent­li­chen Lebens. Pflege­ver­bände und Organi­sa­tio­nen hatten Anfang April 2020 in einem Brand­brief an den Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter darauf hinge­wie­sen, wie „gefähr­lich und extrem belastend” die Situation im Moment für Pflege­be­dürf­tige und Betreu­ungs­kräfte sei. Sie forderten ihn auf, „unver­züg­lich dafür zu sorgen, dass schnellst­mög­lich Schutz­aus­rüs­tung in ausrei­chen­der Anzahl und Qualität zur Verfügung gestellt“ werde. Sonst drohe die Versor­gung, auch in der häusli­chen Pflege, zusam­men­zu­bre­chen. Atemschutz­mas­ken sind weltweit knapp geworden, auch hier in Deutsch­land. So haben zwar von Beklei­dungs­her­stel­lern bis hin zu Automo­bil­zu­lie­fe­rern viele Unter­neh­men ihre Produk­tion umgestellt – trotzdem bleiben die gerade so benötig­ten Masken ein knappes Gut. Die Bundes­re­gie­rung will mit Subven­tio­nen gegen­steu­ern: Um künftig von Verfüg­bar­kei­ten auf dem Weltmarkt weniger abhängig zu sein, sollen die zur Produk­tion benötig­ten Grund­stoffe vermehrt in Deutsch­land herge­stellt werden. Das Herzstück ist ein Vlies­stoff namens Meltblown.

2. Was ist anstren­gend?
Neues ist erst einmal nicht gewohnt und daher strengt es erstmal an. Mit so einer Maske auf Mund und Nase ist vieles anders. Die Fragen, die sich jeder stellen musste: Wie verhalte ich mich für mich und vor meinen Mitmen­schen verant­wor­tungs­be­wusst und vor dem Gesetz­ge­ber rechtens?
Beim Betreten des öffent­li­chen Raums musste man sich von Stadt zu Stadt, Bundes­land zu Bundes­land und je nach Lockdown-Strategie auch von Land zu Land anders aufstel­len. In Gladbeck musste ich mir andere Fragen beim Betreten des Rathaus­plat­zes zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes stellen als in Bottrop, Gelsen­kir­chen oder Essen. Immerhin: Ich hätte auch in einer anderen Stadt einkaufen dürfen. Die Strategie „Stay at home“, die vorsieht, soziale Kontakte zu reduzie­ren, um die Kurve flach und das Gesund­heits­sys­tem in Balance oder zumindest aufrecht zu halten, haben die Bundes­län­der unter­schied­lich ausgelegt: Hier im Ruhrge­biet ist die ein oder andere Familie schonmal zum Kraxeln auf die Halde gegangen. In einem bayri­schen Dorf in der Nähe von München ist in der Siedlung, in der eine Freundin von mir lebt, ein Fahrzeug herum­ge­fah­ren, aus dessen Lautspre­chern tönte: „Bleiben Sie zu Hause“. In Spanien ist eine Freundin von mir mit ihrem Mann und ihren zwei schul­pflich­ti­gen Kindern sechs Wochen lang in der Wohnung geblieben: inklusive Homeof­fice, Homeschoo­ling und Hund. Immerhin. Der Hund und die Terrasse machten es meiner Sports­freun­din überhaupt möglich, sich in einem Maße zu bewegen, das für eine berufs­tä­tige Mutter mit Bewegungs­drang erträg­lich ist. Das hörte sich auf einer Voicemail dann so an: „Wibke, ich fühle mich gerade fast wie eine Straf­fäl­lige. Warte. Puh. Ich bin jetzt gerade mit dem Hund in einem Feld, das etwas außerhalb des Radius liegt, in dem ich mich bewegen darf. Warte. Jetzt bin ich wieder drin. Puh.“ Sie selbst sei fünf Kilometer auf der Terrasse joggen gewesen, ein Sport­kum­pel 40 Kilometer im Innenhof mit dem Fahrrad gefahren. Und als sie aus dem Fenster guckte, habe sie sich zunächst gewundert, wie ein Nachbar auf der einen Seite des Fensters auf dem Balkon hinaus­stieg und auf der anderen Seite wieder hinein. Da wurde klar: Kreati­vi­tät zeichnet Menschen auch oder vor allem in Krisen­zei­ten aus.

3. Was macht mir Angst? Und welche positiven Antworten gibt es als inspi­rie­rende Offensive?
Bewegung ist lebens­wich­tig. Am 11. Mai öffneten die Fitness­stu­dios wieder und das lediglich wenige Tage nachdem das Land NRW das offizi­elle Hygie­ne­kon­zept veröf­fent­licht hat. Ich freue mich sehr darauf, Menschen, die ich seit Jahren als Trainerin unter­richte, wieder live und in Farbe zu begegnen. Und Angst davor habe ich nicht. Ich freue mich darauf; bin zwar kritisch, was die Abstands­re­gel betrifft, werde sie selbst versuchen, großzü­gi­ger zu gestalten und bin – wieder einmal – erstaunt, wie schnell die Verant­wort­li­chen unserer Gesell­schaft samt Schul­sys­tem mit rollie­ren­den Systemen und Pflege­hei­men mit recht spontan ermög­lich­ten Mutter­tags­be­su­chen ermög­li­chen, so dass sich Realität wieder etwas normaler anfühlt.
Was mir gerade Angst macht, ist das Teekes­sel­chen von Bewegung: Die Spaltung der Gesell­schaft, die gerade durch verschie­dene Bewegun­gen passiert. Denn, hiermit zitiere ich auszugs­weise einen kluges Facebook-Posting meiner Schwester Kerstin Aschoff zu Sicher­heit und Freiheit: „Die Welt spaltet sich, zugespitzt formu­liert, in „Sicher­heits­fa­na­ti­ker“ und „Freiheits­kämp­fer“. Die Diskus­sio­nen werden immer hitziger, die gegen­sei­ti­gen Beschimp­fun­gen immer lauter. Ich frage mich, (…), ob es nicht Zeit wird, aus diesem Zwiespalt, aus diesem Gespalten sein, heraus­zu­tre­ten. Denn sie führen in die Irre – im wahrsten Sinne des Wortes.“ Schließ­lich seien sowohl „Freiheit“ als auch „Sicher­heit“ – zwei elemen­tare Grund­be­dürf­nisse für die es kein „entweder oder“ geben kann. (…)“ Gleich­be­rech­tigte Beachtung, so die Ausfüh­run­gen meiner Schwester, dürften wir auch dem Grund­be­dürf­nis nach Nähe und Kontakt schenken. In den Diskus­sio­nen werde dieses Grund­be­dürf­nis jedoch eher als Argument genutzt, um jeweils für Sicher­heit oder für Freiheit zu plädieren und gehe daher gewis­ser­ma­ßen in ihnen auf, zum Beispiel „Schutz der körper­li­chen Gesund­heit durch räumliche Distanz“ kontra „Schutz der seeli­schen Gesund­heit durch Aufhebung von Kontakt­sper­ren“. Ein drohender Verlust von Grund­be­dürf­nis­sen mache Angst. Dieses Gefühl – und hier übernehme ich wieder – ist jedoch real und nicht mit Argumen­ten wegzu­dis­ku­tie­ren. Und Angst erzeugt Enge. So wird formu­liert, was ich mir weder für die Entschei­dungs­trä­ger dieser Welt, noch für mein Umfeld und mich wünsche. Enge brauchen wir gerade nicht. Psycho­hy­giene ist mindes­tens genauso wichtig wie Hände­wa­schen. Die dafür benötig­ten Utensi­lien Weitsicht, Freude und positive Energie erzeugen wir, indem wir respekt­voll mitein­an­der umgehen, wohlwis­send, dass wir als Indivi­duen unter­schied­li­che Meinungen haben, aber uns allen der Wunsch nach Erfüllung unserer Grund­be­dürf­nisse gemeinsam ist, überall auf der Welt und jederzeit.

Wir haben also bei dieser Corona-Schwangerschaft immer Mitge­stal­tungs­po­ten­zial. Und für diese wie auch andere neue Situa­tio­nen im Leben gilt wie für eine Geburt: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“

Hermann Hesse

In der nächsten Folge von Corona and me lesen Sie ein Interview mit Ferdi Cebi; einem der wohl bekann­tes­ten Alten­pfle­ger in Deutsch­land zu seinem Arbeits­all­tag und Fragen, die er sich vor der Corona-Schwangerschaft nicht gestellt hat.

Wibke Roth

Ich heiße Wibke Roth.  Und ich arbeite am liebsten schreibend und schwitzend – in die Tasten hauend und als Fitness-Trainerin. Man könnte auch schreiben: Wenn ich Texte verfasse, erfasse ich die Welt. Wenn ich andere in Bewegung bringe, erlebe ich sie. Meistens bewege ich mich übrigens mit. Ich kann nicht anders. Manchmal gerate ich jedoch auch beim Schreiben ins Schwitzen: je nach Temperatur, Thema und Terminfrist. Wenn mein Sportsgeist außer Atem kommt, haue ich auch gerne einfach `mal ab – in die Berge, ans Meer oder in den Wald. Wenn davon nichts in Sicht ist, haue ich mich einfach aufs Ohr. Das ist sehr gesund und besser als draufloszuhauen – also wild schreiend; dann doch lieber schreibend in die Tasten.

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