Der Verlust von GesundÂheit und ProdukÂtiÂviÂtät
Wer krank ist, braucht Ruhe! Zumindest ist das die allgemein vertreÂtene Meinung. Studien zum PräsenÂtisÂmus zeigen jedoch: FĂĽr einen groĂźen Teil der ArbeitÂnehÂmenÂden scheint das nicht in Frage zu kommen. Ob Schnupfen, Husten oder HeiserÂkeit – jede:r zweite BeschäfÂtigte geht trotz Krankheit der Arbeit nach. Und 30 Prozent der Arbeitnehmer:innen arbeiten sogar bei Krankheit gegen ärztliÂchen Rat oder mit schweren Symptomen.1 Das bleibt natĂĽrlich nicht ohne Folgen fĂĽr die eigene GesundÂheit und fĂĽr das UnterÂnehÂmen. Das Phänomen des PräsenÂtisÂmus macht deutlich, wie wichtig es ist, dass betriebÂliÂche GesundheitsÂförderung einen ganzheitÂliÂchen Ansatz verfolgt und nicht nur darauf abzielt, FehlzeiÂten zu minimieÂren.
Denn die GesundÂheit der BeschäfÂtigÂten wird meist anhand der ArbeitsÂunÂfäÂhigÂkeitsÂtage (AU-Tage) bemessen. Dabei wird jedoch nicht berĂĽckÂsichÂtigt, dass die Zunahme von PräsenÂtisÂmus einen Abfall bei den AU-Tagen bewirken kann. Also die BeschäfÂtigÂten nicht unbedingt gesund waren, sondern einfach trotz Krankheit gearbeiÂtet haben. Vor allem in Zeiten, in denen HomeofÂfice zunehmend an Bedeutung gewinnt ist es wichig, den PräsenÂtisÂmus in die Kennzahl der MitarÂbeiÂterÂgeÂsundÂheit einflieÂĂźen zu lassen.
DefiniÂtion PräsenÂtisÂmus – ein Phänomen der modernen ArbeitsÂwelt
Dass BeschäfÂtigte trotz Krankheit arbeiten, obwohl sie sich krank melden oder mit hoher WahrscheinÂlichÂkeit auch krankÂschreiÂben lassen könnten, wird in der ArbeitsÂpsyÂchoÂloÂgie als PräsenÂtisÂmus bezeichÂnet. Das Phänomen umfasst per DefiniÂtion sowohl das Arbeiten mit leichten Symptomen bis hin zur Tätigkeit trotz schwerÂwieÂgenÂder BeschwerÂden.
Laut der BundesÂanÂstalt fĂĽr ArbeitsÂschutz und ArbeitsÂmeÂdiÂzin (BAuA) handelt es sich um ein „Phänomen der modernen ArbeitsÂwelt“, dessen VerbreiÂtung sich nicht genau bestimmen lässt. Denn im Gegensatz zu KrankÂschreiÂbunÂgen wird PräsenÂtisÂmus von den UnterÂnehÂmen nicht standarÂdiÂsiert erfasst, schlieĂźÂlich sind die MitarÂbeiÂtenÂden ja anwesend.
Keine EinzelÂfälle – Studien zum PräsenÂtisÂmus
Eine Studie der pronova BKK2 kommt auf deutliÂchere Zahlen, als eingangs beschrieÂben: Hier sind es rund drei Viertel der BerufsÂtäÂtiÂgen, die auch dann zur Arbeit kommen, wenn sie krank sind.
Doch auch die aktuelle Studie der Techniker KrankenÂkasse, bei der ebenfalls ĂĽber die Hälfte der Befragten (58,1 %) zumindest gelegentÂlich PräsenÂtisÂmusÂverÂhalÂten zeigen, belegt, dass PräsenÂtisÂmus weniger die Ausnahme als die Regel ist. Ein Viertel arbeitet sogar häufig bis sehr häufig den ganzen ArbeitsÂtag, obwohl sie sich nicht gesund fĂĽhlen. Mit MedikaÂmenÂten werden die BeschwerÂden bekämpft, um einigerÂmaÂĂźen arbeitsÂfäÂhig zu sein – der Gang zum Arzt wird oft vermieden. Liegt jedoch eine offiziÂelle KrankÂschreiÂbung vor, so reduziert sich zumindest dann der ProzentÂsatz fĂĽr PräsenÂtisÂmus auf 11,5 %.
Besonders auffällig ist in beiden Studien, dass dieser Trend bei den unter 30-Jährigen besonders ausgeÂprägt ist. Auch die ArbeitsÂzuÂfrieÂdenÂheit weist einen signiÂfiÂkanÂten ZusamÂmenÂhang auf: Je zufrieÂdeÂner die Befragten sind, desto häufiger arbeiten sie trotz Krankheit. Ein spannenÂder Aspekt, der UnterÂnehÂmen dazu anregen sollte, motivierte MitarÂbeiÂtende zu schĂĽtzen, um sie auch langfrisÂtig gesund und leistungsÂfäÂhig zu erhalten.
Weitere ErgebÂnisse der TK-Studie sind:
- Männer arbeiten signiÂfiÂkant seltener krank als Frauen
- In UnterÂnehÂmen mit weniger BeschäfÂtigÂten kommt es häufiger zu PräsenÂtisÂmus als in UnterÂnehÂmen mit mehr als 500 BeschäfÂtigÂten
- BeschäfÂtigte mit FĂĽhrungs- oder PersoÂnalÂverÂantÂworÂtung geben signiÂfiÂkant häufiger an den vollen ArbeitsÂtag zu arbeiten
- Bei schweren KrankÂheitsÂsymÂptoÂmen arbeiten 15,1 % der Befragten trotzdem häufig oder sehr häufig und 42,8 % manchmal oder selten
- BeschäfÂtigte, die mehr als vier Tage im HomeofÂfice arbeiten, tun dies häufiger auch wenn sie krank sind als BeschäfÂtigte mit nur einem Homeoffice-Tag in der Woche
- Bei emotioÂnaÂler ErschöpÂfung arbeiten deutlich mehr BeschäfÂtigte als mit EinschränÂkunÂgen durch körperÂliÂche VerletÂzunÂgen
Die GrĂĽnde sind VielfälÂtig
GrĂĽnde fĂĽr PräsenÂtisÂmus gibt es viele. Vor allem Menschen, die ihren SelbstÂwert aus der Arbeit ziehen, sind häufig betroffen. Aber auch PflichtÂgeÂfĂĽhl und RĂĽcksicht spielen eine Rolle. BeschäfÂtigte haben ein schlechÂtes Gewissen, wenn sie keine Leistung erbringen oder ihre KolleÂginÂnen und Kollegen „im Stich lassen“. Auch wer Angst um seinen ArbeitsÂplatz hat, ist anfällig. Hinzu kommen GrĂĽnde, wie falsches VorbildÂverÂhalÂten und gefĂĽhlte ErwarÂtunÂgen oder potenÂziÂelle berufÂliÂche Nachteile.
In der TK-Studie wurden auĂźerdem folgende GrĂĽnde genannt:
- Es gab keine VertreÂtung
- Meine Krankheit war nicht ansteÂckend
- Ich wollte anderen nicht zur Last fallen
- Es gab dringende Arbeiten und Termine
- Weil ich gern zur Arbeit gehe
- Die Arbeit hätte sich angehäuft
Vor allem wer VerantÂworÂtung trägt, neigt zu PräsenÂtisÂmus, weil Arbeit nicht immer delegiert werden kann. Gerade in kleinen UnterÂnehÂmen kommt es auf jede:n Einzelne:n an, bzw. macht sich der Ausfall schnell bemerkbar. Wenn dann dringende Aufgaben zu erledigen sind und es keinen Ersatz gibt, gehen FĂĽhrungsÂkräfte trotzdem zur Arbeit und bilden so ein falsches Vorbild.
Um den richtigen Ansatz fĂĽr HandlungsÂempÂfehÂlunÂgen zu finden, können MitarÂbeiÂterÂbeÂfraÂgunÂgen und GesundÂheitsÂscreeÂnings helfen, BetrofÂfene und Ursachen zu identiÂfiÂzieÂren. So ist z. B. der häufig genannte Mangel an VertreÂtungsÂmögÂlichÂkeiÂten ein strukÂtuÂrelÂles Problem, das durch das UnterÂnehÂmen beeinÂflusst werden kann.
Auch das EtablieÂren eines betriebÂliÂchen GesundÂheitsÂmaÂnageÂments und damit verbunden eine gesunde FĂĽhrung sowie die FokusÂsieÂrung auf die TeamkulÂtur gelten als erfolgÂverÂspreÂchende MaĂźnahmen.3
Mögliche Folgen von PräsenÂtisÂmus
Das so verbreiÂtete Phänomen kann ernstÂzuÂnehÂmende gesundÂheitÂliÂche und wirtschaftÂliÂche Folgen haben. Sowohl fĂĽr die Mitarbeiter:innen selbst, als auch fĂĽr ihre TeammitÂglieÂder und fĂĽr das UnterÂnehÂmen.
So können KrankÂheiÂten chronisch werden. Wenn sich BeschäfÂtigte nicht ausreiÂchend schonen, kann die Genesung verzögert werden und es zu langfriÂsiÂtiÂgen Folgen bis hin zur dauerÂhafÂten ArbeitsÂunÂfäÂhigÂkeit kommen. Davon sind MitarÂbeiÂtende mit einem generell schlechÂteÂren GesundÂheitsÂzuÂstand besonders betroffen.
FĂĽr das UnterÂnehÂmen bedeutet PräsenÂtisÂmus in erster Linie ProdukÂtiÂviÂtätsÂeinÂbuÂĂźen. Sie kennen es sicher von sich selbst: Schon bei kleineren KopfschmerÂzen ist die Arbeit schwerer und Sie sind weniger leistungsÂfäÂhig. Dieser ProdukÂtiÂviÂtätsÂverÂlust ist natĂĽrlich auch mit wirtschaftÂliÂchen Kosten fĂĽr UnterÂnehÂmen verbunden. Hinzu kommen SicherÂheitsÂriÂsikÂien, da es z. B. durch UnkonÂzenÂtriertÂheit leichter zu ArbeitsÂunÂfälle kommen kann. Nach Angaben der BundesÂanÂstalt fĂĽr ArbeitsÂschutz4 und ArbeitsÂmeÂdiÂzin sind die wirtschaftÂliÂchen Kosten des PräsenÂtisÂmus fĂĽr UnterÂnehÂmen deutlich höher als die Kosten, die durch krankÂheitsÂbeÂdingte FehlzeiÂten oder AbsenÂtisÂmus entstehen. Dies zeigen auch verschieÂdene Studien und BerechÂnunÂgen aus den USA, die sich mit den wirtschaftÂliÂchen Folgen von PräsenÂtisÂmus beschäfÂtiÂgen.
Und natĂĽrlich sollte auch die AnsteÂckungsÂgeÂfahr nicht auĂźer Acht gelassen werden. Wer mit Schnupfen oder Grippe an den ArbeitsÂort geht, riskiert damit, KolleÂginÂnen und Kollegen anzusteÂcken. Das hat gesundÂheitÂliÂche Folgen fĂĽr die TeammitÂglieÂder, aber auch wirtschaftÂliÂche Folgen fĂĽr das UnterÂnehÂmen, wenn die AngesteckÂten entweder ausfallen oder wiederum weiterÂarÂbeiÂten, aber nicht voll leistungsÂfäÂhig sind.
Mit betriebÂliÂchem GesundÂheitsÂmaÂnageÂment stark gegen PräsenÂtisÂmus
Eine offene und transpraÂtene KommuÂniÂkaÂtion zwischen Arbeitgeber:innen und BeschäfÂtigÂten ist ein wichtiger BestandÂteil eines gesunden BetriebsÂkliÂmas. Es gilt fĂĽr das Thema zu sensiÂbiÂliÂsieÂren und ĂĽber ErwarÂtungsÂhalÂtunÂgen im Falle einer Krankheit aufzuÂkläÂren. Auch BetrofÂfene wĂĽnschen sich laut Studie eine VereinÂbaÂrung fĂĽr das gesamte Team, in der festgeÂhalÂten wird, wie man sich bei Krankheit im HomeofÂfice verhalten soll. Zudem ist der Wunsch stark, dass FĂĽhrungsÂkräfte direkt auf sie zugehen und klar kommuÂniÂzieÂren, dass sie sich ausruhen sollen. Eine starke VertrauÂensÂkulÂtur im Team wird ebenfalls als hilfreich erachtet.
UnterÂnehÂmen sollten durch den Auf- bzw. Ausbau eines betriebÂliÂchen GesundÂheitsÂmaÂnageÂments aktiv in die GesundÂheit ihrer BeschäfÂtigÂten invesÂtieÂren. UnterÂsuÂchunÂgen der AOK belegen, dass UnterÂnehÂmen mit betriebÂliÂchem GesundÂheitsÂmaÂnageÂment einen gerinÂgeÂren KrankenÂstand und eine deutlich geringere PräsenÂtisÂmusÂquote aufweisen als UnterÂnehÂmen ohne betriebÂliÂches GesundÂheitsÂmaÂnageÂment.
Auf Distanz fĂĽhren
Vertrauen schaffen und ZusamÂmenÂarÂbeit fördern
Vortrag
60 Minuten
Präsenz, Digital
Mehr erfahren âžśFacetten der KommuÂniÂkaÂtion kennenÂlerÂnen
FĂĽr ein MiteinÂanÂder ohne Konflikte
Seminar & Workshop
Halbtägig
Präsenz
Mehr erfahren âžśGesunde TeamentÂwickÂlung anstoĂźen
Vom Problem zur Lösung
Seminar & Workshop
Halbtägig
Präsenz
Mehr erfahren âžśGesundÂheitsÂförÂdernd fĂĽhren
FĂĽr gesunde und motivierte TeammitÂglieÂder
E‑Learning
IndiviÂduÂell
Digital
Mehr erfahren âžśGesundÂheitsÂmaÂnageÂment aufbauen
EntwickÂlung einer kompakten BGM-Strategie
Beratung & Analyse
IndiviÂduÂell
Präsenz, Digital
Mehr erfahren âžśMitarÂbeiÂterÂbeÂfraÂgung
Analysen zu gesundÂheitsÂreÂleÂvanÂten Faktoren der Arbeit
Beratung & Analyse, GesundÂheitsÂbeÂricht & Befragung
IndiviÂduÂell
Präsenz, Digital
Mehr erfahren âžś1 PräsenÂtisÂmus in einer zunehmend mobilen ArbeitsÂwelt. VerfĂĽgbar unter: https://www.tk.de/resource/blob/2143236/e7a6b3beba55964a56d7072f374a5e78/dossier-praesentismus-data.pdf
2 Arbeiten 2022. VerfĂĽgbar unter: https://www.pronovabkk.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/drei-viertelder-berufstaetigen-gehen-krank-zur-arbeit.html
3 SteidelÂmĂĽlÂler, C. (2020). PräsenÂtisÂmus als SelbstÂgeÂfährÂdung
https://link.springer.com/book/10.1007/978–3‑658–30681‑6
4 PräsenÂtisÂmus: Ein Review zum Stand der Forschung. VrefĂĽgbar unter: https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Gd60.html