„Was schulden wir unseren Eltern?“, fragt FAZ-Redakteurin Anna Steiner mit Blick auf die moralische Verantwortung rund um Pflege Ende 2018 in ihrem gleichnamigen Beitrag. Ihre Frage beruht auf der gesellschaftlichen Moralvorstellung. Der Generationenvertrag regelt zwar die Rente: Das heißt, dass das gesellschaftliche System dafür sorgt , dass Kinder hierzulande erst reifen, später ihre Arbeit wählen und als Arbeitnehmer die Versorgung der Rentner übernehmen (dürfen); sie zahlen also – wenn auch indirekt – für die Eltern mit. Die Pflege regelt der Generationenvertrag indes nicht. Kinder müssen ihre Eltern nicht pflegen. Sie müssen zwar finanziell dafür aufkommen, sollten die Pflegebedürftigen dazu selbst nicht in der Lage sein. Die Wahl, ob sie weiter in ihren eigenen vier Wänden leben und dort gepflegt werden dürfen, oder, ob sie in ein Pflegeheim umziehen müssten, sei aber eben auch eine emotional-moralische Entscheidung und eine gesellschaftlich-finanzielle.
Was schultern pflegende Angehörige und wie kann man sie unterstützen?
„Im Jahr 2015 wurden mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt. Davon erhielten 48 Prozent der Pflegebedürftigen ausschließlich Pflegegeld. Das bedeutet, dass allein ihre Angehörigen sich um sie kümmerten“, konstatiert Elena Beichert. Sie ist Team Gesundheit-Projektleiterin für Produkte rund um pflegende Angehörige – und Referentin. Das Team Gesundheit hat im Zuge der demografischen Entwicklung und den entsprechenden gesetzlichen Veränderungen Konzepte für pflegende Angehörige entwickelt. „Die Frage ist nämlich auch, wie sich zukünftig Pflege und Beruf miteinander vereinbaren lassen.“ Sie erläutert das eigens entwickelte Konzept so: „Um den körperlichen und psychischen Belastungen bei berufstätigen Pflegenden entgegenzuwirken hat das Team Gesundheit in Zusammenarbeit mit der Thielkasse und in Kooperation mit der BKK RWE die zweitägigen Pflegekurse Wenn Eltern alt werden sowie Wenn Angehörige alt sind konzipiert. Ziel ist es, die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu stärken.“ Grundsätzlich gibt es die Kurse als ein- oder zweitägige Veranstaltungen. Bei zweitägigen Veranstaltungen kann dem Erfahrungsaustausch der Teilnehmenden mehr Raum gegeben werden.
Wenn Eltern alt werden – Fakten zu den Kursen
„Grob gesagt holen wir in den Kursen diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab, die sich mit dem Thema befassen wollen, weil sich die Eltern-Kind-Rolle durch eine Pflegebedürftigkeit grundlegend verändert. Wir verschaffen hier beispielsweise einen Überblick zu dem komplexen Thema Pflegeversicherung. Das schafft man nicht einfach so im Selbstreferat“, sagt Elena Beichert. Sie ergänzt: „Wir arbeiten mit dem so genannten ‚Inneren Team‘.“ Ein Persönlichkeitsmodell, welches das Ziel verfolgt, Stimmigkeit in sich und sein Inneres zu erzeugen. Entsprechend ist bei diesem Kurs neben unseren Referentinnen und Referenten immer eine Psychologin dabei“, erläutert sie.
Wenn Angehörige alt sind – Fakten zu den Kursen
„Auch bei diesem Kurs ist neben unseren Referent/-innen immer eine Psychologin vor Ort. Es ist erstaunlich, wie Mitarbeiter/-innen des Unternehmens den Raum in diesen Kursen nutzen, um sich mitzuteilen und auszutauschen. Der Leidensdruck ist recht groß und somit wird auch Platz für Emotionen frei. Zu den Regeln gehört, dass alles im Raum bleibt. Teilnehmende erkennen durch die Kurse, dass sie nicht allein mit ihren Nöten sind. Zum Konzept zählen auch Übungen für daheim, um zu lernen, wie man sich entspannen kann, um so körperlichen sowie seelischen Belastungen gewachsen zu sein. „Zuvor wird ein Überblick über die rechtliche Situation, wie etwa gesetzlichen Freistellungsmöglichkeiten, gegeben“, ergänzt die Team Gesundheit-Expertin.
Ausgezeichnet
Anfang 2019 sind die Kurse mit dem Demografie Exzellenz Award 2018 ausgezeichnet worden.
Elena Beichert – Projektleiterin und Referentin für die Gesundheit pflegender Angehöriger
Elena Beichert ist 1990 geboren. Sie ist Projektleiterin und Referentin für Produkte rund um pflegende Angehörige und seit Mitte 2017 Teil des Team Gesundheit-Teams. Sie hat Gesundheitsmanagement im Mannheim mit dem Bachelor abgeschlossen. Anschließend hat sie ihren Master der Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkten Gerontologie und BGM in Köln gemacht. „Mich interessiert der Mensch. Veränderungen im Alter zählen da auch zu“, verrät sie.