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Interview zum Projekt „Märchen machen mutig – Ressourcen stärken in der Förderpädagogik“

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Märchen machen mutig!

Was gibt es Schöneres als in strah­lende Kinder­au­gen zu schauen? Vor allem, wenn es um Kinder geht, die häufig gesell­schaft­li­che Ausgren­zung erfahren und nicht immer die Beachtung geschenkt bekommen, die sie verdient haben. Nicht der „Norm“ entspre­chen und einen Förder­be­darf haben. Aber nicht perfekt zu sein, heißt nicht, dass man nicht ans Ziel kommt. In aller Munde wird von Diver­si­tät gespro­chen, aber wirklich gelebter Alltag ist das nicht. An der Stelle sei auch die Frage erlaubt, „was bedeutet überhaupt perfekt und wer entschei­det darüber“?

Aber wussten Sie, dass bereits in Märchen, Menschen und Tiere, die widrigen Umständen gegen­über­ste­hen, auch gemeinsam an ihr Ziel kommen und am Ende Super­hel­den werden? Die Bremer Stadt­mu­si­kan­ten sind da ein schönes Beispiel.

Vor einiger Zeit berich­tete ich bereits über unser wunder­ba­res Projekt „Unver­ges­sen – Aktivie­rung durch Märchen“. Ziel dieses Projektes ist es, Bewoh­ne­rin­nen und Bewohnern von Pflege­ein­rich­tun­gen durch aktivie­ren­des Erzählen in die Welt der Märchen zu führen, was die soziale Teilhabe fördert und somit psycho­so­ziale Ressour­cen nachhal­tig stärkt.

Was in Pflege­ein­rich­tun­gen für pflege­be­dürf­tige Menschen gut funktio­niert, dachten wir uns, können wir auch auf ein anderes Setting übertra­gen. Denn sind wir mal ehrlich, wer mag es nicht, phanta­sie­voll erzählten, schönen und spannen­den Geschich­ten zu lauschen, die wir noch aus unserer Kindheit kennen. Unsere Erfahrung hat gezeigt, Märchen machen etwas mit Menschen. Wir haben behauptet: Märchen machen mutig. 

Denn über das Märchen­er­zäh­len werden indivi­du­elle Fähig­kei­ten gestärkt: Sprache und Zuhören, Empathie und emotio­na­les Erleben, Resilienz und Persön­lich­keits­ent­wick­lung, Ausdauer und Teamgeist, Entde­cker­freude und Phantasie. Folglich haben wir die Chance gesehen und ein Projekt für Kinder und Jugend­li­che an Förder­schu­len auf der Basis des Märchen­er­zäh­lens gestartet: Märchen machen mutig.

Das Pilot­pro­jekt wurde erstmalig an der Anne-Frank-Schule in Osnabrück, einer Förder­schule mit dem Schwer­punkt körper­li­che und motori­sche Entwick­lung, durch­ge­führt. Teilge­nom­men haben Lehrer:innen, Pädago­gin­nen und Pädagogen, Thera­peu­tin­nen und Thera­peu­ten sowie die Schüler:innen. Ich habe Frau Seredszus und Frau Espelage-Pille kurz vor Abschluss des Projekts zum Interview einge­la­den, um einen direkten Einblick in das Projekt zu erhalten. Aber vor allem wollte ich wissen, wie das Märchen­er­zäh­len bei den Schüler:innen ankam. Waren sie überhaupt offen dafür? Wie konnte sich das Lehrper­so­nal mit diesem Projekt identi­fi­zie­ren?

Frau Seredszus, Lehrkraft und Teil der Schul­lei­tung, sowie Frau Espelage-Pille haben das Projekt „Märchen machen mutig“ an der Anne-Frank-Schule initiiert. Mit dem Start­schuss zum Projekt wurde eine Schul­pro­jekt­gruppe mit Mitar­bei­ten­den der Schule gegründet, welche durch meine Kollegin Nina Gerch durch­ge­hend begleitet wurde.

Projekt­in­halte und ‑ablauf

Das Projekt Märchen machen mutig besteht aus insgesamt 6 Baustei­nen

NACHGEFRAGT

Liebe Frau Seredszus, liebe Frau Espelage-Pille. Erstmal möchte ich mich bei Ihnen beiden ganz herzlich bedanken, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben.

Was hat Sie dazu ermutigt, am Projekt Märchen machen mutig teilzu­neh­men?

Frau Espelage-Pille:
Mein Team und ich hatten das große Glück, zuvor in einem anderen Projekt mit unserer Lerngruppe in Zusam­men­ar­beit mit dem Erzähl­thea­ter Osnabrück ein eigenes Märchen zu entwi­ckeln und als Hörspiel auf einer CD festzu­hal­ten. Als dann die Idee zur Teilnahme an dem Projekt „Märchen machen mutig“ aufkam, waren wir sofort begeis­tert. Darüber hinaus haben wir das Thema Märchen im Lehrplan für den Deutsch­un­ter­richt in der 5. und 6. Klasse. Deshalb hat sich das gut verbinden lassen. Ich habe das Projekt im Kollegium vorge­stellt und die Resonanz war sehr groß. Der Auftakt allein war schon eine Erfolgs­ver­an­stal­tung.

Wie alt sind die Schüle­rin­nen und Schüler, die am Projekt teilge­nom­men haben?

Frau Espelage-Pille:
Die Märchen­stun­den haben in den Jahrgän­gen 3 und 6 statt­ge­fun­den.  Was ich wirklich faszi­nie­rend fand, dass wir alle Schüler:innen motivie­ren und aktivie­ren konnten. Wir haben auch sprach­ein­ge­schränkte Schüler:innen, die für manche Dinge keine Worte haben, aber sie wurden auf so vielen Ebenen mit einbe­zo­gen. Das passt zu uns, zur Schule.

Gab es in der Umsetzung einen Aha-Moment oder ein beson­de­res Highlight?

Frau Seredszus:
Das Projekt besteht ja aus verschie­de­nen Baustei­nen. Maria und ich haben nur an Teilen des Projektes teilge­nom­men. Aber ich glaube, das Highlight ist die eigent­li­che Märchen­fort­bil­dung. Hierzu gehören die exempla­ri­schen Märchen­stun­den, die Schulung für Multiplikator:innen sowie der Begleit­tag. Es haben 7 Kolleg:innen teilge­nom­men, die besonders begeis­tert und eupho­risch von ihren Erfah­run­gen geschwärmt haben. Nach der Märchen­fort­bil­dung konnten unsere Kolleg:innen dann das Erlernte in der Praxis mit zwei Schul­klas­sen auspro­bie­ren. Hierzu haben sie sich passend zum Märchen verklei­det und das Klassen­zim­mer in eine Märchen­welt verwan­delt – ich meine, sie haben sogar kein klassi­sches Brüder Grimm Märchen, sondern ein persi­sches Märchen vorge­tra­gen oder besser gesagt frei erzählt. Die Kinder hingen den Erzähler:innen wirklich an den Lippen und wurden mit passenden Requi­si­ten, Gerüchen und Farben in das Märchen förmlich reinge­zo­gen. Zum Ende hin haben die Kinder dann berichtet, welche Botschaft sie aus dem Märchen für sich mitnehmen: Freund­schaft, Liebe, Gemein­schaft, Frieden –  es kamen sehr herzer­grei­fende Themen auf. Auch die Auftakt­ver­an­stal­tung war schon vielver­spre­chend, genauso wie der Workshop zum Thema Resilienz. Das ganze Projekt ist ein Erfolgs­pro­jekt. Eine Kollegin war sogar so begeis­tert, dass sie über die gesamte Fortbil­dung ein Märchen geschrie­ben und an das ganze Kollegium geschickt hat. Eine andere Kollegin, die bei der Fortbil­dung dabei war, hat in diesem Schuljahr eine AG mit dem Titel „Märchen­haf­tes Backen und Kochen“  gegründet

O‑Ton

„Für mich war das Schönste an der Fortbil­dung “einfach” verschie­dene Märchen kennen­zu­ler­nen und die Tricks und Kniffe zu erfahren, wie man Märchen lebendig erzählt. Meine persön­li­che Heraus­for­de­rung war es, ein Märchen vor Zuschau­ern zu erzählen und mich überhaupt dazu zu überwin­den. Ich habe mich schon auch wirklich neu kennen­ge­lernt. Außerdem war es ein großer Genuss von den beiden profes­sio­nel­len Erzäh­le­rin­nen Märchen erzählt zu bekommen. Sich einfach mal zurück­zu­leh­nen und zu lauschen. In unserer heutigen Zeit wirklich etwas ganz Beson­de­res. Und die beiden haben es einfach wunder­voll gemacht. Tatsäch­lich war aber die komplette Fortbil­dung eine reine Freude, weil sie wirklich so abwechs­lungs­reich, lehrreich, inter­es­sant, lustig und auch spannend war, dass die Zeit wie im Flug vergangen ist.“

„Das Finale unserer Praxisstunde(der Begleit­tag) war beein­dru­ckend. Zwei Lerngrup­pen (3. Klassen) saßen aufmerk­sam im Klassen­raum und hingen an den Lippen der Erzäh­len­den.“

Frau Espelage-Pille:
Ich weiß, dass der Kommentar aus einer Lerngruppe mit 8 Jungs aus dem 6. Schuljahr kam und sie total aufmerk­sam und berührt waren.

Frau Seredszus:
Also ich habe von allen Seiten unglaub­lich viele positive Rückmel­dun­gen bekommen. Ein Highlight nach dem anderen. Auch die Botschaft ist bei den Kindern angekom­men. Das war schon wirklich eine beein­dru­ckende Veran­stal­tung.

Das Projekt ist fast beendet. Wie soll es danach für Sie weiter­ge­hen?

Frau Seredszus:
Wir haben uns bei der Auftakt­ver­an­stal­tung langfris­tige Ziele überlegt, wie die AG, die ja bereits gestartet ist. Zusätz­lich gibt es bei uns an der Schule die sogenannte Mittags­frei­zeit, bei der sich die Schüler:innen zwischen den Unter­richts­stun­den am Vormittag und Nachmit­tag Freizeit­ak­ti­vi­tä­ten wählen können. Hier würden wir gerne ein Märchen­an­ge­bot machen.

Die Kolleg:innen, die die Fortbil­dung gemacht haben, können auch intern die anderen weiter­bil­den. Da sind wir zum Teil auch schon dran. Einige haben sich auch eine Fortset­zung gewünscht.

Wir werden auch im Abschluss­work­shop gemeinsam mit der Schul­pro­jekt­gruppe überlegen, wie wir uns dieses tolle Thema erhalten können.

Frau Espelage-Pille:
Eine Kollegin betreut nachmit­tags eine Mädchen­gruppe und würde in diesem Rahmen gerne die Märchen aufgrei­fen.

Ich hab ja die Auftakt­ver­an­stal­tung und den Resilienz-Workshop mitge­macht und es war ganz wunderbar mit den Kolle­gin­nen und Kollegen in einem ganz anderen Setting mal eine Fortbil­dung zu machen. Das allein war schon gesund­heits­för­dernd. Sonst hat es immer den Aspekt, dass wir für Unter­richt oder Schul­ent­wick­lung denken. Aber bei dieser Fortbil­dung war man selber auch wichtig, das hat mir gefallen. Eine schöne Erfahrung.

Gab es denn neben den vielen positiven auch negative Rückmel­dun­gen?

Frau Espelage-Pille:
Ich habe mich im Nachhin­ein sehr geärgert, dass ich mich nicht in die Liste einge­tra­gen und zur Märchen­er­zäh­le­rin ausbilden habe lassen. (lacht) Das wurde mir erst im Nachgang bewusst, dass ich das gerne gemacht hätte.

Frau Seredszus:
Das einzige, was vielleicht kurz ein Problem war, waren die vielen Teilneh­men­den und die Überstun­den. Aber das haben wir disku­tiert und war auch schnell gegessen. Ich war auch erst überrascht über die vielen inhalt­li­chen Punkte im Projekt, aber das war genau richtig so und ist in sich total rund.

Nachdem Sie den Pilot an ihrer Schule hatten, hätten Sie Empfeh­lun­gen für andere Schulen?

Frau Seredszus:
Ich kann mir sehr gut vorstel­len, dass es für eine Förder­schule, die den Schwer­punkt im Bereich der emotional-soziale Entwick­lung hat, ein tolles Projekt wäre. Da die Märchen wirklich sehr berührend sind. Vielleicht bringt das auch was bei diesen Kindern zum Klingen. Natürlich wären auch Schulen mit anderen Förder­schwer­punk­ten dafür gut geeignet.

Halten Sie eine Alters­be­schrän­kung für dieses Projekt sinnvoll?

Frau Seredszus:
Ich glaube schon, dass es ab der Pubertät vielleicht nicht mehr so spannend ist und sich die Schüler:innen dann nicht mehr so gut drauf einlassen können. Deshalb haben wir das Projekt auch bis zur 6. Klasse angelegt. Das ist aber nur eine Vermutung. Vielleicht müssten wir es mal auspro­bie­ren.

Frau Espelage-Pille:
Vielleicht könnte man aber auch ein Märchen wählen, das sich genau um das Thema „Erwachsen werden“ dreht, könnte tatsäch­lich inter­es­sant sein. Wir haben natürlich viel mehr  Schüler und die sind  häufig darauf bedacht, „cool“ zu sein. 😉

Es gibt auch immer einen Vorle­se­tag im November. Vielleicht setzen wir den dieses Jahr auf den Schwer­punkt Märchen und probieren das aus.

Ich freue mich, dass das Projekt so gut gelaufen ist. Ich hoffe auch, dass Sie einen guten Abschluss finden und sich das Erlernte gut integrie­ren lässt.

Frau Seredszus:
Ich hatte schon von Anfang an ein ganz gutes Gefühl. Das Projekt war so toll vorbe­rei­tet und wir haben uns gut mitge­nom­men gefühlt. Alles war toll struk­tu­riert. Das gehört natürlich auch dazu. Nicht nur, dass wir toll mitmachen, neben unserer Motiva­tion war die Organi­sa­tion auch einfach gut. Und das ist ja die Grund­vor­aus­set­zung. Das möchte ich an Ihr Team mitgeben. Ein großes Lob an die Team Gesund­heit. 

Frau Espelage-Pille:
Abschlie­ßend möchte ich noch sagen, wie toll das ist, dass die Schul­lei­tung das mitge­tra­gen hat.

Vielen Dank Frau Seredszus und Frau Espelage-Pille.

Das Pilot-Projekt wurde freund­li­cher­weise durch die Mobil Kranken­kasse gefördert.

“Als Mobil Kranken­kasse möchten wir Menschen dabei unter­stüt­zen, nachhal­tig gesund zu bleiben. „Märchen machen mutig“ geht einen kreativen Weg, um junge Menschen mit beson­de­rem Förder­be­darf in ihrem Wohlbe­fin­den und ihrer Gesund­heit zu stärken. Wir freuen uns daher sehr, dieses Projekt zu fördern und die Einrich­tun­gen bei der Stärkung der Resilienz der Schüle­rin­nen und Schüler sowie Fachkräfte zu begleiten.”

Fanny Wolf (Referen­tin für Präven­tion und Gesundheits­förderung, Mobil Kranken­kasse)

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Ziele des Projekts sind die Stärkung der Resilienz und Förderung der psycho­so­zia­len Gesund­heit von Kindern und Jugend­li­chen an Förder­schu­len. Durch die Befähi­gung von Lehrkräf­ten und weiteren pädago­gi­schen und psycho­lo­gi­schen Fachkräf­ten zum Einsatz aktivie­ren­der Märchen­ein­hei­ten schaffen sie die Parti­zi­pa­tion der Zielgruppe im Rahmen der Gesundheits­förderung und dadurch den Aufbau gesund­heits­för­der­li­cher Struk­tu­ren an Förder­schu­len. Daraus ergibt sich die Umsetzung eines bedarfs­ori­en­tie­ren Präven­ti­ons­pro­gramms gemäß § 20a SGB V.

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Nina Gerch
Projekt­lei­te­rin Präven­tion in Lebens­wel­ten und Pflege

Natalie Ihne

Ich rede von Herzen gerne, man kann sagen, das Reden liegt mir. Dass ich jetzt für den BLOG schreiben darf, ist eine tolle und neue Herausforderung. Viel Reden hilft nicht immer viel. Jetzt kommen die Fakten auf den Tisch – schwarz auf weiß – für immer verewigt. Ich werde alles geben und Sie mit unterhaltsamen Worten über Gesundheitsthemen informieren oder eine Grundlage zur Diskussion bieten. Bei der Team Gesundheit GmbH bin ich übrigens schon seit 2010, seit 2014 im Kundenmanagement – hier schlägt das Herz der Kundeninformation. Wir machen Marketing, wir sammeln Kundenstimmen, wir kümmern uns um alle grafischen Belange des Hauses. Um meine Belange kümmere ich mich auch. Beim Kochen, Essen, Sport treiben und mit der Familie zusammen sein. Und: Ich kann Karate!

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