- Wenn wir wissen, dass Gaming – auch im fortgeschrittenen Alter – nicht an Attraktivität verliert.
- Wenn wir wissen, dass „Spielen“ und/oder „Spielelemente“ seit Jahrzenten in Lernprozessen eingesetzt werden
- Wenn wir wissen, dass der Bereich Health und Healthcare zu den größten Anwendungsgebieten gehört, in Bezug auf Game-based Learning…
…warum haben Unternehmen das Potenzial der Konvergenz noch nicht erkannt, wenn es um die Gesundheitsförderung ihrer Beschäftigten geht? Zwar werden spielerische Anwendungen bereits im beruflichen Kontext eingesetzt, jedoch vordergründig zum begleitenden Erlernen tätigkeitsbezogener Kompetenzen. Weniger im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Die Bandbreite an BGF-Maßnahmen, die Unternehmen und damit ihren Beschäftigten zur Verfügung stehen, ist mittlerweile immens und, insbesondere im Rahmen der Digitalisierung, mit vielen vermeintlich attraktiven und fortschrittlichen Formaten aufgefüllt worden. Sind diese aber an den Bedürfnissen und Interessen von Nutzerinnen und Nutzern ausgerichtet worden? Denn die Zahlen bzw. Teilnahmequoten sprechen für sich. Die Ergebnisse einer Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ aus den Jahren 2014/2015, zeigten deutliches Potenzial nach oben, wenn es darum ging Beschäftigte in einzelne Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu bringen. Besonders interessant sind die geschlechtsbezogenen Unterschiede der Teilnahmen sowie die vermeintliche Interessenlage differenzierter Handlungsfelder. Angebote zur Rückengesundheit wurden von 26,2 % der Frauen wahrgenommen, wohingegen lediglich 18,7 % der Männer an dieser Thematik interessiert zu sein schienen. Im Bereich der Stressbewältigung war der Anteil etwas höher, mit 35,2 % der Frauen und 25,6 % Anteil der Männer. Ein weiteres Phänomen, was deutlich wurde: Beschäftigte mit ausgeprägtem Gesundheitsbewusstsein nutzen Angebote häufiger als Beschäftigte mit weniger ausgeprägtem Gesundheitsbewusstsein.1 Wohingegen anzunehmen ist, dass Betriebe ein Interesse daran haben, vor allem denjenigen Gesundheitsförderung zugutekommen zu lassen, deren gesundheitlicher Zustand und auch das Wissen über einen gesundheitsgerechten Lebensstil optimierbar ist. Des Weiteren geht aus einem 2021 veröffentlichten Artikel hervor (BIBB-/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018), dass 47 % der Erwerbstätigen berichteten, dass ihr Betrieb in den vergangenen zwei Jahren Maßnahmen durchgeführt hat, aber lediglich 25 % der Erwerbstätigen an einem Angebot teilnahmen. An der Stelle ist gleichermaßen zu betonen, dass die Angebote mit steigender Betriebsgröße stark zunahmen, die Teilnahmequote jedoch signifikant sank. Auch sozioökonomische Hintergründe (Bildung, Beschäftigungsverhältnis) scheinen einen Einfluss auf die Teilnahmequoten zu haben.2
Könnte man also der Lösung – Gesundheit zu fördern – mit gezielten Maßnahmen, welche am Nutzen, den Bedürfnissen und Interessen der Beschäftigten ausgerichtet sind, ein Stückchen näherkommen? Auch die Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, dem Wissenstand zum Thema Gesundheit oder der Gesundheitszustand an sich, scheint nicht minder wichtig.
Um die Thematik besser einzubetten und zu klären, welchen Vorteil Arbeitgeber:innen daraus ziehen können, platzieren wir Game-based Learning in einen theoretischen Rahmen:
Game-based Learning, Gamification & Serious Games
Unter Game-based Learning verstehen wir den Einsatz von Spielen oder Spielelementen (analog/digital), um bestimmte Lernziele zu erreichen. Es handelt sich dabei um eine Methode, die den spielerischen Ansatz nutzt, um Wissen zu vermitteln, Fähigkeiten zu entwickeln oder auch komplexe Konzepte zu verstehen. Auch die Begriffe wie Gamification oder Serious Games hören wir häufig. Die Abgrenzung ist nicht immer einfach, zum Teil diffus.
Laut Literatur können Serious Games, ob digital oder analog, und Gamification unter dem Begriff Game-based Learning vereint werden. Bei beiden Ansätzen wird der Mehrwert angestrebt, über eine reine Unterhaltung hinauszugehen. Ebenso können laut Werbach und Hunter 15 Spieldesignelemente identifiziert werden, die einen Einfluss auf das Nutzungsverhalten haben.3
An der der Stelle ist noch zu erwähnen, dass es sich bei einem Serious Game um ein vollständiges Spiel und nicht nur um eine Lernmethode mit spielerischen Elementen handelt. Ebenso implizieren Serious Games das Design von vollwertigen Spielen und sind keine reine Anreicherung von bereits existierenden Prozessen oder Produkten, mit dem Ziel, eine spielerische Version des Existierenden zu erhalten.
Das Potenzial von Game-based Learning (GBL) liegt also in seiner Fähigkeit, Lernprozesse zu verbessern, indem es eine interaktive, immersive und unterhaltsame Umgebung schafft. Durch die Integration von Spielelementen können komplexe Konzepte auf verständliche Weise vermittelt werden und Lernende werden motiviert, sich aktiv am Lernprozess zu beteiligen. GBL kann in verschiedenen Bildungsbereichen eingesetzt werden, einschließlich Schulen, Unternehmen, Gesundheitswesen und Regierungsorganisationen, um effektive und effiziente Lernergebnisse zu erzielen.
Hinzu kommt, dass wir Menschen ganz offensichtlich gern spielen. Laut aktuellen Zahlen (Statista 2024) spielen in Deutschland 53 % der Bevölkerung (über 16 Jahre) zumindest gelegentlich Computer- und Videospiele. Prognosen zufolge wächst der Anteil an Gamerinnen und Gamern weiter stetig an.
Zum Teil haben spielerische Elemente die Welt der betrieblichen Gesundheitsförderung schon erreicht, sowohl in digitalen und analogen Umgebungen.
Ein Überblick der aktuellen Möglichkeiten:
Wieso bauen wir diese Potenziale nicht weiter aus und lassen Game-based Learning zu einem festen Bestandteil des betrieblichen Gesundheitsmanagement werden? Selbstverständlich mit dem Wissen, dass diese Interventionen nur ein Teil eines durchdachten Maßnahmenplanes sind. Dem eine Analyse im Betrieb vorausgeht. Denn nur wer über die wirklichen Bedürfnisse der Beschäftigten aufgeklärt ist und einen Überblick über den Gesundheitszustand, die Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit seiner Beschäftigten hat– also ein wirkliches Interesse hat – kann einen vernünftigen Maßnahmenplan erstellen. Wer braucht was, zu welchem Zeitpunkt und über welches Format transportiert?
Aber bitte bedenken Sie. Keine Maßnahme der Welt erreicht ihr Ziel und eine gute Teilnahmequote, wenn sie über das schwarze Brett beworben wird und die Beschäftigten im Homeoffice sitzen!
1 Ludwig, S., Starker, A., Hermann, S. et al. Inanspruchnahme von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung in Deutschland – Ergebnisse der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2014/2015-EHIS). Bundesgesundheitsbl 63, 1491–1501 (2020).
2 Hollederer A. Betriebliche Gesundheitsförderung in Deutschland für alle? Ergebnisse der BIBB-/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018 [Workplace Health Promotion in Germany for All? Results of the 2018 BIBB/BAuA survey of Employed People]. Gesundheitswesen. 2023 Apr;85(4):277–288. German. doi: 10.1055/a‑1658–0125. Epub 2021 Nov 10. PMID: 34758504; PMCID: PMC10125318.
3 Werbach K, Hunter D, (2012). Fort he win: how game thinking can revolutionize your business. Wharton Digital Press, Philadelphia
4 Tolks, D., Lampert, C., Dadaczynski, K., Maslon, E., Paulus, P., & Sailer, M. (2020). Spielerische Ansätze in Prävention und Gesundheitsförderung: Serious Games und Gamification. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 63, 698–707
Weitere Quellen:
Connolly, T. M. et al. (2012), zitiert nach Breuer, J., & Tolks, D. (2018). Grenzen von „Serious Games for Health”. Prävention und Gesundheitsförderung, 13, 327–332.
Boyle, E. A. et al. (2016), zitiert nach nach Breuer, J., & Tolks, D. (2018). Grenzen von „Serious Games for Health”. Prävention und Gesundheitsförderung, 13, 327–332.
https://de.statista.com/themen/1095/gaming/#topicOverview