So kommen Sie dynamisch durch den Arbeitstag
Eine Telefonkonferenz jagt die nächste, zwischendurch gilt es E‑Mails abzuarbeiten und schon steht das nächste Meeting an. So oder so ähnlich kann ein Tag im Büro ablaufen. Dabei fällt auf: es fehlt an Bewegung. Obwohl das Bewusstsein für Ergonomie und Bewegung im Büroalltag steigt, dominiert doch das statische Arbeiten. So ist zum Beispiel das Arbeiten im Stehen physiologisch optimal, aber aus Sicht der Faszien nicht dynamisch genug. Aber warum ist Dynamik für Faszien so wichtig und was sind Faszien überhaupt?
Faszien – ein Wunderwerk?
Laut Dr. Robert Schleip, einem bekannten Faszien-Forscher, sind Faszien ein beeindruckendes, körperweites Bindegewebsnetzwerk. „Faszien sind weißes, muskuläres Bindegewebe, das Knochen, Muskeln, Sehnen und Organe als Hülle umschließt. Sie bilden ein Netzwerk, das sich durch den ganzen Körper zieht und ihm Struktur gibt“, sagt Dr. Schleip.
Faszien erfüllen eine Menge weiterer Aufgaben: sie beeinflussen die Kraftübertragung der Muskulatur, unterstützen die Versorgung von Organen und leisten ihren Beitrag bei der Körperwahrnehmung. All dies wird durch die Nervenzellen, Blut- und Lymphgefäße, welche in den Faszien verlaufen, ermöglicht. Durch die zahlreichen wichtigen Aufgaben der Faszien sowie ihre Vernetzung innerhalb des Körpers, können sie zweifellos als Wunderwerk bezeichnet werden. Doch auch dieses vernetzte System ist anfällig für Störungen.
Bewegungsmangel lässt Faszien verkleben und deren Elastizität sinken
Bewegungsmangel führt dazu, dass sich die wasserbinde Fähigkeit von Faszien reduziert. Die Folge: die Faszien verhärten, die Beweglichkeit der Muskulatur wir eingeschränkt und dadurch können vor allem im Rücken Schmerzen entstehen.
Wie Faszien und der gesamte Organismus miteinander zusammenhängen, lässt sich anhand des sogenannten Tensegrity-Modells erläutern. Es geht auf den Architekten R. Buckmister Fuller zurück. Das Modell stammt aus der Architektur und wird unter anderem zur Konstruktion von Segelschiffen, Kränen und Brücken angewendet. Das Tensegrity-Modell beschreibt ein System, in dem sich Strukturen einander durch Druck und Spannung stabilisieren. Daher lässt es sich sehr gut auf den menschlichen Körper übertragen und wird auch im Faszientraining als Erklärungsmodell genutzt.
Das Modellprinzip kann gut anhand eines Segelbootes verdeutlicht werden: der feste Mast steht für die Wirbelsäule, die Segel und Seile sind die dynamischen Komponenten wie Sehnen und Muskulatur, die sich um den Mast bewegen. Es handelt sich also um ein sehr dynamisches Modell. Das heißt aber auch: je ausgeglichener die Spannungszustände innerhalb des Faszien-Netzwerkes sind, desto ausbalancierter ist dieses und desto geringer sind in der Regel Schmerzen, Fehlhaltungen oder andere körperliche Beschwerden.
Genau hier setzt Faszientraining im Büro und im Allgemeinen an – Ziel ist es, die Spannung im Faszien-Netzwerk zu harmonisieren. Laut Peter Schwind, der Faszien- und Membrantechnik unterrichtet, haben durch das komplexe Zusammenhängen des Faszien-Netzwerkes Korrekturen an einer Stelle Auswirkung auf entferntere Bereiche, beziehungsweise das ganze System.
Wie man Faszien gesund hält
Dynamik und Bewegung sind für ein gesundes Faszien-Netzwerk unabdingbar. Daher gilt die Faustegel: je bewegter, aktiver und abwechslungsreicher der Alltag, desto gesünder ist das Faszien-Netzwerk. Laut dem Ratgeber „Gesundheit für Faszientraining“ von Dr. med. Siegbert Tempelhof, Daniel Weiss und Anna Cavelius, sind besonders Beuge- und Streckbewegungen, Drehungen und das Arbeiten gegen die Schwerkraft essentiell für gesunde Faszien. Als positiven Nebeneffekt werden dabei die Koordination, sowie eine stabile und aufrechte Körperhaltung und die allgemeine Beweglichkeit gefördert.
Faszientraining im Büro
Was bedeutet das nun allgemein für Ihren Büroalltag? Ganz einfach – wo auch immer sich eine Gelegenheit ergibt, bleiben Sie in Bewegung! Versuchen Sie die statischen Positionen durch Dynamik zu ergänzen. Das bedeutet beispielsweise, wenn Sie im Stehen arbeiten, stellen Sie sich abwechselnd auf die Zehenspitzen und Fersen.
Doch wie kann regelmäßiges Faszientraining aussehen? Folgende Punkte sollten Sie generell beachten, um gute und nahhaltige Effekte zu erzielen:
- Führen Sie zwei bis drei Mal pro Woche je drei Übungen durch
- Bleiben Sie innerhalb der persönlich tolerierbaren Schmerzgrenze
- Variieren Sie regelmäßig die Übungen
- Führen Sie nicht nur angenehme Übungen durch: je unangenehmer die Übung, desto effektiver ist sie in der Regel, da direkt an den Verklebungen gearbeitet wird
- Nehmen Sie Verspannungen bewusst wahr – so bekommen Sie ein besseres Gespür für „Problemzonen“ innerhalb der Faszien, da diese nicht immer offensichtlich sind
- Führen Sie die Übungen mit langsamen und kontrollierten Bewegungen aus
Laut des Ratgebers „Gesundheit für Faszientraining“ eignet sich als Faszientraining im Büro besonders eine Übung zur Lockerung der Kopffaszie. Denn diese geht direkt in die Halsfaszie über und kann ein Auslöser für Kopfschmerzen sein kann. Sollte sich also Ihr Nacken mal wieder verspannt anfühlen, Ihr Kopf schmerzen oder auch die Konzentration nachlassen, ist die folgende Übung besonders geeignet für Sie:
Die Ausgangsposition: Aufrecht sitzend oder stehend.
Die Durchführung: Die Hände mit aufgestellten Fingerspitzen links und rechts seitlich des Kopfes positionieren. Nun über die Finger einen leichten Druck auf den Kopf ausüben und die Fingerspitzen über eine leichte Schubbewegung zueinander hinbewegen, sodass Sie die Kopfhaut zusammenschieben. Verharren Sie in dieser Position 30 Sekunden und wiederholen Sie die Übung drei bis fünf Mal. Sie können sich dabei Schritt für Schritt vom Hinterkopf in den Stirnbereich vorabreiten.
Bringen Sie Ihre Beschäftigten in Bewegung
Zum Schluss bleibt nur noch eins zu sagen. Helfen Sie Ihren Beschäftigten in Bewegung zu bleiben! Dies hat nicht nur auf der körperlichen Ebene positive Auswirkungen, auch für den Geist sind kurze Übungseinheiten sehr erfrischend und die Arbeit geht danach leichter von der Hand.