Essen als Kunstobjekt – Ernährungsgewohnheiten in Deutschland

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Der Teller steht angerich­tet auf dem Tisch und es duftet herrlich. Der Griff zum Besteck. Essen? Stopp! Erst einmal muss das Essen aus dem perfekten Blick­win­kel fotogra­fiert, mit dem richtigen Filter versehen und gepostet werden. Erst dann ist an Essen zu denken. Diese Szene ist in fast jedem Restau­rant, Café oder auch zu Hause zu beobach­ten: Eine Insze­nie­rung von Essens­trends. Essen ist zu einem alltäg­li­chen Kunst­ob­jekt geworden. Ein perfektes Bild das Ziel. Die Nahrungs­auf­nahme scheint dabei eher neben­säch­lich.

Ernährung wird an indivi­du­elle Bedürf­nisse angepasst

Essge­wohn­hei­ten und Lebens­mit­tel­aus­wahl waren schon immer von äußeren Faktoren wie z.B. Ernäh­rungs­weis­hei­ten, Wetter, Kriege oder Arbeits­pro­zes­sen abhängig. Körpe­rideale und Gesund­heits­trends verändern sich dabei stets – von Rubens Frauen über Twiggy hin zu unper­fek­ten Schön­hei­ten. Dies gilt bis heute. Essge­wohn­hei­ten, Trends und die Lebens­mit­tel­aus­wahl werden heutzu­tage vor allem auch durch soziale Netzwerke, das Internet, inter­na­tio­nale Einflüsse und Marke­ting­stra­te­gien geprägt. Eine nie da gewesene Lebens­mit­tel­viel­falt in den Super­märk­ten ermög­licht neue und unzählige Ernäh­rungs­wei­sen. Vegeta­risch, vegan, Paleo, Clean Eating und vieles mehr ist heute überhaupt erst in der Art möglich. Auch das Angebot an Biole­bens­mit­teln hat sich seit den 80er Jahren deutlich vergrö­ßert. Bioläden sind heute keine Selten­heit mehr und in der Super­markt­land­schaft nicht wegzu­den­ken.

Noch nie ist es also so einfach gewesen, sich abwechs­lungs­reich, frisch und vielsei­tig zu ernähren. In der Theorie müsste es also ein Kinder­spiel sein, täglich gesund zu essen. Wären da nicht die äußeren Einflüsse! Hektik und Zeitman­gel bestimmen den Alltag: Die anstei­gende Erwerbs­quote, besonders bei Frauen, die Auflösung fester Tages­ab­läufe, Zunahme von Sponta­nei­tät sowie die Indivi­dua­li­sie­rung der Gesell­schaft beein­flus­sen die Ernäh­rungs­si­tua­tion und ‑gewohn­hei­ten.  Dabei geht die Funktion des Essens als gemein­schafts­stif­tende Rolle immer mehr verloren. Die Ernährung wird immer häufiger an die indivi­du­el­len Bedürf­nisse angepasst.

Das Essen muss schmecken!

Das bestätigt auch der neueste Ernäh­rungs­re­port des Minis­te­ri­ums für Ernährung und Landwirt­schaft (BMEL) aus dem Jahr 2019: „Es muss schmecken“ war für 99% der Befragten der wichtigste Aspekt zum Thema Ernährung, dicht gefolgt von „es soll möglichst gesund sein“ mit 91%. Das Interesse an Ernährung ist groß, dreivier­tel der Befragten haben Spaß am Kochen, doch tatsäch­lich stehen nur 40% selbst am Herd. Es zeigt sich eine Diskre­panz zwischen dem Willen und dem Tun.

Die Ergeb­nisse des 13. Ernäh­rungs­be­richts verdeut­li­chen, dass der Konsum an Gemüse, Beeren- und Schalen­obst zugenom­men hat. Der Fleisch­kon­sum ist seit einigen Jahren zwar stabil, doch immer noch zu hoch. Gepusht durch die Coffee to go-Kultur mit diversen Varia­tio­nen aus Cappuc­cino, Cortado und Co. liegt der Zuwachs beim Kaffee­kon­sum bei 1,9 Liter pro Kopf und Jahr. Der Schoko­la­den­kon­sum ist seit 2000 um 25% angestie­gen. Die größten Nasch­kat­zen sind übrigens Männer und Frauen zwischen 30 und 44 Jahren – 30% greifen täglich zu Süßig­kei­ten wie Gummi­bär­chen, Schoko­lade und Kekse.

Die Ergeb­nisse zeigen, dass ein Bewusst­sein für gesunde Ernährung vorhanden ist, es aber in der konse­quen­ten Umsetzung im Alltag scheitert. Zur heutigen Heraus­for­de­rung gehört, den eigenen Ernäh­rungs­stil zu finden im Dschungel von Ernäh­rungs­emp­feh­lun­gen, ‑trends, Super­foods und neuen vermeint­lich gesunden Nahrungs­mit­teln.

Die Deutsche Gesell­schaft für Ernährung fasst zusammen: Viele Menschen in Deutsch­land essen zu energie­rei­che Lebens­mit­tel und bewegen sich dabei zu wenig. Die Folgen der Fehlernäh­rung sind seit den 70er Jahren bekannt. Eine Zeit aus der der Begriff „Wohlstands­bauch“ stammt und die erste große Diätwelle rollte. Überge­wicht ist seit Jahren ein aktuelles Thema, denn 59% der Männer und 37% der Frauen sind überge­wich­tig. Die Folgen sind weitrei­chend und es geht um viel mehr als nur um zwei oder drei Kilogramm zu viel auf den Rippen. Überge­wicht bedeutet dabei einen Body Mass Index (BMI) über 25. Dieser geht einher mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkranken, Muskel- und Skelett­er­kran­kun­gen, Stoff­wech­sel­stö­run­gen wie erhöhten Cholesterin- und Blutzu­cker­wer­ten sowie einer Fettleber. Das Tückische daran: Die Erkran­kun­gen setzen in der Regel schlei­chend und anfäng­lich symptom­frei ein, werden im Verlauf jedoch chronisch und ziehen weitere Erkran­kun­gen nach sich. Neben diesen körper­li­chen Beschwer­den werden auch psychi­sche Belas­tun­gen hervor­ge­ru­fen. Überge­wich­tige Menschen begegnen oftmals Vorur­tei­len und Ausgren­zung in der Gesell­schaft.

Wegweiser aus dem Ernäh­rungs­la­by­rinth

Ernäh­rungs­auf­klä­rung findet statt, aller­dings trifft das Wissen im Super­markt auf eine Flut an Lebens­mit­teln und Verkaufs- und Marke­ting­stra­te­gien, die primär das Ziel haben, Produkte erfolg­reich zu verkaufen, unabhän­gig vom Gesund­heits­wert und Inhalts­stof­fen. Die „gesunde“ Entschei­dung wird somit nicht immer zur ersten und einfachen Entschei­dung gemacht. Vermeint­lich gesunde Produkte drängen sich immer mehr auf dem Markt. Das Studieren von Lebens­mit­tel­zu­ta­ten und Nährwer­ten kann unter Umständen den Einkauf zeitlich aufwändig gestalten. Eine einfache Regel bei der Aufrei­hung der Zutaten in der Übersicht ist: Das was an erster Stelle steht, ist auch am meisten enthalten. Doch Hand aufs Herz, wie häufig werden Zutaten­lis­ten genauer unter die Lupe genommen? Oft ist es einfach Gewohn­heit, die uns zu gewissen Lebens­mit­teln greifen lässt.

Um der Bevöl­ke­rung die Einord­nung eines Lebens­mit­tels zu erleich­tern, wird 2020 der Nutri-Score auch in Deutsch­land einge­führt.  Dies ist ein Kennzeich­nungs­sys­tem für Lebens­mit­tel von dunkel­grün mit dem Buchsta­ben A für die höchste Qualität bis rot mit dem Buchsta­ben E für die niedrigste Nährstoff­qua­li­tät. Der Nutri-Score berück­sich­tigt den Energie­ge­halt, den Anteil an Zucker, gesät­tig­ten Fetten und Natrium eines Lebens­mit­tels sowie positive Eigen­schaf­ten wie den Ballaststoff- und Prote­in­ge­halt. Das Ziel ist, dem Verbrau­cher möglichst schnell einen Überblick zu verschaf­fen, welches Frühstücks­müsli oder welche Tiefkühl­pizza zum Beispiel die bessere Alter­na­tive ist. Unter­su­chun­gen in Frank­reich zeigen, dass sich der Nutri-Score eignet, um die Qualität der Gesamt­ernäh­rung zu beurtei­len. In der Regel ist zwar klar, dass die geliebten Chips und Gummi­bär­chen im roten Bereich liegen, was von einem Kauf natürlich nicht abhalten wird. Trotzdem kann es einen Effekt haben und zum Nachden­ken anregen, wenn beim Einkaufen auf das Kassen­band überwie­gend Lebens­mit­tel mit dem roten Score landen. Sie geben ungefragt Feedback zum persön­li­chen Einkaufs­ver­hal­ten und zur Lebens­mit­tel­aus­wahl. Wie also kann der Diskre­panz zwischen vorhan­de­nen Ernäh­rungs­wis­sen, aktuellen Ernäh­rungs­trends und dem tatsäch­li­chen Einkaufs- und Essver­hal­ten begegnet werden? Der Nutri-Score kann ein Anfang sein.

Zurzeit ist Essen mehr als nur bloße Nahrungs­auf­nahme, für manche eine Art Ersatz­re­li­gion. Wissen­schaft­li­che Ernäh­rungs­emp­feh­lun­gen wirken recht fad und trist neben den bunten aufge­pepp­ten Empfeh­lun­gen aus dem Social Media Bereich und haben es schwer, daneben Gehör zu finden. Gesunde Ernährung ist kein Hexenwerk, doch abwech­selnde Trends erschwe­ren den Durch­blick zu behalten und somit bleibt es spannend, welche „Ernäh­rungs­sau“ als nächstes durchs Dorf gejagt wird.

Julia Müller-Franz

Ich liebe das geschriebene Wort. In persona eher schüchtern, fühlte ich mich schon immer zwischen Buchstaben und Zeichen zuhause. Also habe ich das einfach zu meinem Beruf gemacht. Irgendwann habe ich mich immer mehr in anderen Abteilungen rumgetrieben und inzwischen bewege ich mich frei und wild in der Welt des Online Marketings. Was soll ich sagen? Ich liebe die Abwechslung! Kuchen liebe ich auch, genauso wie Tanzen, Achterbahnen und die große weite Welt.

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